Hardy befragt Postmortem per Mail

Postmortem
Quelle: War-Anthem

Im Namen von „Lady-Metal“ möchte ich mich schonmal herzlich für eure Zeit und das Interview bedanken.

 

Hardy: Mit „Bloodground Messiah“ habt ihr es meiner Meinung nach geschafft, im Vergleich zu den letzten beiden Alben noch eine ganze Schippe Kohle nachzulegen. Das wirkt beinahe unglaublich, da schon „Constant Hate“ stark umjubelt von der Underground-Szene aufgenommen wurde. Welches waren die treibenden Kräfte hinter eurer aktuellen Veröffentlichung?

Tilo: Wir sind als Band seit „Constant Hate“ sehr gut zusammengewachsen und zusätzlich haben wir uns kleine Kritikpunkte zur „Seeds of Devastation“ zu Herzen genommen. Wir haben uns diesmal auch etwas mehr Zeit bei der Vorproduktion und im Studio genommen um ein optimales Ergebnis zu erzielen. Unserer Meinung nach haben wir alle guten Zutaten der letzten beiden Alben jetzt vereint.

Marcus: Mit mehr Zeit meint Tilo knapp 6 Wochen...ha, ha. Andere Bands benötigen 6 Wochen für einen Song. ;)
Wir haben die fertig komponierten Songs einfach liegen gelassen und erst wieder im Studio ausgepackt. Das hat dann etwas mit spontaner Arbeitsweise zu tun. Früher haben wir gerne noch an den Songs rumgebaut und sicherlich auch das eine oder andere Mal den jeweiligen Song damit zu stark verändert oder gar „verschlimmbessert“. Sehr häufig sind die spontanen Ideen die besten! Bei „Bloodground Messiah“ hat uns diese Arbeitsweise  wirklich gut getan und das Ergebnis gibt uns schließlich recht...
Außerdem hat Putz diesmal mehr Zeit bekommen, um sich bei seinen Gesangsparts richtig auszutoben. Das hört man den Songs wirklich an. Was der Gute diesmal abgeliefert hat, ist einfach genial! Kein Song gleicht dem nächsten und er hat selten so herrlich facettenreich gesungen! Feiner Kerl...ha, ha.

 

Hardy: Ich habe den Eindruck, auf diesem Mammutwerk ist euer Stil noch gitarrenlastiger ausgefallen als jemals zuvor. Einige Riffs erinnerten mich schon fast an THIN LIZZY oder SAMMY HAGAR auf einer Überdosis Speed in der Achterbahn. Was hat euch zu diesem Sound inspiriert?

Tilo: Ich denke diese Riffs hatten wir schon immer in unseren Songs aber diesmal ist es uns gelungen sie besser umzusetzen und logischer zu kombinieren. Da wir alle 4 so ziemlich alles hören was mit Metal zu tun hat, kann man vermutlich auch so ziemlich alles raushören was man will ;)

Marcus: Wenn ich ehrlich bin, höre ich wirklich gerne Thin Lizzy, kann mir aber nicht wirklich erklären, wo da die Parallelen genau zu hören sind. Vielleicht liegt es an der Art, wie ich im Studio die Gitarrenspuren übereinander lege. Mir schwebt immer ein bestimmter Gitarrensound vor und aktuell gesehen, haben wir damit sicherlich eine Brücke zwischen den Metal-Klassiks und den fetten Gitarren des neuen Jahrtausends geschlagen.
Wir sind mit den Ursprüngen der 80iger Metalszene aufgewachsen und sind daher sicherlich gut beeinflusst.

 

Hardy: Kürzlich hatte ich bereits das Glück, ein Review zu „Bloodground Messiah“ verfassen zu dürfen (http://www.lady-metal.com/cd-reviews/postmortem-bloodground-messiah.html). Das Feedback bezüglich eures neuen Babys ist allerdings über alle Medien verteilt äußerst positiv ausgefallen. Wie fühlt es sich an, nach all den Jahren immer noch eine solche Resonanz auf seine Arbeit (oder Hobby?) zu erhalten?

Marcus: Es ist schön, wenn es da draußen Leute gibt, die unsere Musik verstehen und auch dementsprechend honorieren. Das spornt uns nur noch mehr an und wir haben echt schon wieder Lust auf neue Taten, obwohl „Bloodground Messiah“ erst am 23.11. erscheint.

Tilo: Natürlich ist man froh, wenn die ganze Arbeit auch gewürdigt wird und man positive Reaktionen bekommt. Da wir aber schon seit über 20 Jahren unser Ding durchziehen und zwischenzeitlich auch einige Tiefen hatten, lassen wir uns dadurch nicht blenden und versuchen weiterhin das beste zu geben!

 

Hardy: Über die Jahre hat sich euer Stil stark verändert. Von dem Thrashmetal der Anfangstage ist nicht mehr viel übrig geblieben, dafür sorgten eure letzten Outputs für starkes Furore innerhalb der Deathmetal-Szene. Auch die teilweise deutschen Lyrics sind seit geraumer Zeit völlig verschwunden. Gibt es besondere Gründe auf die ihr solche Veränderungen zurückführen würdet?

Tilo: Würde ich gar nicht so sehen! Unser Stil war schon immer irgendwo zwischen Thrash und Death. Irgendwann kamen dann auch rockige Einflüsse dazu. Der große Unterschied bei den letzten Alben ist wohl eher, dass wir mit Max an den Drums alles so umsetzten können wie wir uns das vorstellen. Deutsche Lyrics hatten wir früher auch nur vereinzelt und haben das eher als Stilmittel gesehen und es ist nicht ausgeschlossen, dass wenn ein deutscher Text besser passt, es wieder mal einen deutschen Song von uns gibt. Es könnte aber auch mal spanisch oder was auch immer sein ;)

Marcus: Spanisch haben wir ja jetzt schon beim Refrain von „Santa Muerte“ verwendet, vielleicht sollte wirklich mal ein kompletter Song dazu erscheinen...., wie gesagt, wir entscheiden so was immer relativ spontan. Bei uns ist alles möglich!

 

Hardy: Ich habe bereits erfahren, dass ihr Ende des Jahres auf dem „Fuck X-Mas“ in Berlin spielen werdet. Leider komme ich persönlich aus dem wilden Süden. Wird es für den Rest Deutschlands in nächster Zeit noch eine Promotion-Tour geben?

Tilo: Ja auf dem „FUCK X-MAS“ Fest wird es unsere Record-Release-Show geben mit befreundeten Bands und hoffentlich ausverkaufter Hütte. Für den Rest Deutschlands oder Europas sind wir noch am planen. Leider ist es nicht so einfach eine vernünftige Tour, die auch noch bezahlbar ist, zusammen zu bekommen. Wir arbeiten aber dran!

Marcus: Ha, ha... deine Bemerkung „leider komme ich persönlich aus dem wilden Süden“ finde ich super. Habt ihr da nicht diese langen Dinger auf Schienen oder sowas? ;) Berlin ist immer eine Reise wert und kurz vor Weihnachten, also am 22.12. solltest du unbedingt nach Berlin kommen!

 

Hardy: Habt ihr schon Projekte für die Zukunft ins Auge gefasst? Darf man sich den kommenden Sommer womöglich sogar auf Festivalauftritte und weiteres Material gefasst machen oder benötigt ihr nach den Arbeiten an „Bloodground Messiah“ erst einmal eine kleine Auszeit?

Tilo: Also eine Auszeit benötigen wir auf keinen Fall! Wir sind von der neuen Scheibe überzeugt und wollen das neue Material natürlich auch live präsentieren! Einige Festivalanfragen haben wir bereits vorliegen und werden sicher auch einige Festivals spielen! „Neues“ Material wird es sicher auch geben – wir haben unsere 20-Jahres-Show komplett mitgeschnitten und geplant ist, das ganze 2013 endlich als DVD unters Volk zu bringen.

 

Postmortem
Quelle: War-Anthem

Hardy: Abgesehen von eurem Drummer spielt ihr bereits seit 1991 in derselben Besetzung. Gab es in dieser langen Zeit ein Ereignis, welches euer musikalisches Schaffen besonders stark geprägt hat?

Tilo: Vermutlich hat uns alles in dieser langen Zeit geprägt mit allen Höhen und Tiefen. Musikalisch sind wir aber seit der Verpflichtung von Max endlich in der Lage das umzusetzen, was wir uns vorstellen.

Marcus: Ich denke gleich die ersten 2-3 Jahre haben uns sehr eng zusammen geschweißt. Wir haben an jeder Steckdose gespielt, wo wir eingeladen wurden. Da waren Wahnsinnsshows dabei, Bandwettbewerbe (die wir sogar gewonnen hatten) aber auch kultige Kleinstveranstaltungen auf einem Anhänger. Damals war die Zeit sehr unbeschwert und wir sind kaum zuhause gewesen. Ich denke diese „Ochsentour“ muss jede Band durchwandern, um gewisse Sachen auch zu honorieren. Es gibt heutzutage Bands, die vielleicht knapp 10 Shows gespielt haben, gleich einen Plattenvertrag bekommen und dann die Meinungen haben, dass sie jetzt Rock’n’Roll Stars sind und sich dementsprechend benehmen müssen. Wir haben uns stetig hochgearbeitet und das war nicht wirklich immer leicht aber das hat uns geformt. Wir wissen genau, was wir an POSTMORTEM haben!

 

Hardy: Um noch etwas Alltags-Smalltalk in das Interview mit einzubringen, möchte ich euch noch um eure Meinung zu einer fundamentalen Grundsatzfrage bitten: Wie isst der wahre Deathmetaller beim Grillen sein Fleisch? Roh oder schwarz wie seine Seele?

Tilo: Da das neue Album „Bloodground Messiah“ heißt, müsste ich natürlich mit blutig antworten oder? ;)

Marcus: Tilo, dass musst du! Also, blutig und nur von der Flamme geküsst! Jetzt gillt es aber wieder zu klären, ob wir Deathmetaller sind. Wie vorhin schon erwähnt, fühlen wir uns pudelwohl im Schützengraben zwischen Thrash und Death! Ha, Ha...immer diese scheiß Schubladen.

 

Hardy: Der gute Ton gebietet es, den Gästen das letzte Wort zu lassen. Gibt es noch etwas, das ihr unseren Lesern und euren Fans (ich hoffe auf eine große Schnittmenge) mitteilen möchtet?

Marcus: Hört euch „Bloodground Messiah“ laut und in Ruhe an, dann lässt er euch nicht mehr los und ihr wollt nix anderes mehr hören...ha, ha.

Tilo: Vielen Dank an alle die uns die ganzen Jahre die Treue gehalten haben! Man sieht das sich Beharrlichkeit auch irgendwann auszahlt und nicht immer nur die gehypten Bands (die nach kurzer Zeit wieder von der Bildfläche verschwunden sind) sich durchsetzten! 

 

Hardy: Nochmals vielen Dank für das Interview. „Bloodground Messiah“ hat mir in der Zwischenzeit schon einige schöne Stunden beschert und ich bin mir sicher, dass ich nicht der Einzige bin dem es so geht. In diesem Sinne wünsche ich euch viel Spaß bei den nächsten Gelegenheiten das Material auch live unters Volk zu bringen.

Tilo: Ebenso vielen Dank und wir sehen uns hoffentlich live in nächster Zeit!

 

Chris Hardy