Sinistro - Sangue Cássia

Sinistro

Band: Sinistro

Album: Sangue Cássia

Label: Season of Mist

Release Date: 05.01.2018

Genre: Doom Metal

Rezensent: Hardy

Tracklist:
01. Cosmos Controle
02. Lótus
03. Pétalas
04. Vento Su
05. Abismo
06. Nuvem
07. Gardénia
08. Cravo Carn

Lineup:
Rick Chain – Guitar
Ricardo Matias – Guitar
Patricia Andrade – Vocals
Paulo Lafaia – Drums
Fernando Matias – Bass / Programming

Besten Dank an Season of Mist zur Verfügungstellung des Albums

Beurteilung

Es ist schwer, sich in der heutigen Zeit neu zu erfinden. Hierbei handelt es sich um das Dilemma der Komplexität unserer Zeit. Dieses Phänomen trifft vermutlich auf die verschiedensten gesellschaftlichen Bereiche zu und macht auch vor der Musik keinen Halt. So wurde beispielsweise - zumindest gefühlt - bereits jede Wortkombination und -neuschöpfung als Genrebezeichnung verwendet (mir ist in den letzten Jahren vom "Kick-Ass-Core" bis zum "Electronic Brutal Death Metal" alles über den Weg gelaufen). Diesem Umstand zum Trotz gibt es immer wieder Musiker, die sich Elemente unterschiedlicher Stilrichtungen herauspicken und diese zu etwas gänzlich eigenem kombinieren. Und hin und wieder müssen sie hierfür nicht einmal eine besonders blümerante Bezeichnung erfinden. Heute darf ich mich mit einer dieser Gruppen beschäftigen. Es geht um niemand anderen, als die aus Portugal stammenden SINISTRO.

Die düstere Stadtkapelle um Vokalistin "Patricia Andrade" veröffentlichte 2012 ihr gleichnamiges Debüt und taucht seitdem immer wieder in Clubs, auf Festivals oder auch mal in mittelgroßen Hallen auf. Im Gepäck haben sie einen Kessel, angerührt mit feinstem Doommetal. Dieser wird je nach Song mal mit einer Priese Sludge, mal mit einer Messerspitze Postrock gewürzt. Da sich die Grundausrichtung der meisten Stücke sehr ruhig gestaltet, erinnert die Musik allerdings eher an jüngere VRANOROD als an klassische PRADISE LOST.

Markenzeichen der Band ist ganz klar das markante Organ ihrer Sängerin. Mal wird geflüstert, dann wieder gesungen, an anderer Stelle lediglich in melodiöser Intonation gesprochen. Untermalt wird ihre Stimme beinahe durchgehend durch tiefe Gitarrenmelodien, welche in ihrem Minimalismus nicht selten an die Drone-Götter von EARTH erinnern. Auffällig ist auf dem aktuellen Album zudem der extrem vordergründige Einsatz des Keyboards (oder Computers?), welches immer wieder klassische oder verträumt jazzige Elemente in die Musik einfließen lässt.

Wer von SINISTRO erwartet, mit dem Dampfhammer eine Apokalypse herauf zu beschwören, wird bei dem ersten Kontakt mit "Sangue Cássia" bitter enttäuscht werden. Über die gesamte Spielzeit wird in eine tiefschwarze Nacht geflüchtet, bei der nicht immer klar ist, was schon Traum und was noch Realität ist. Diese Geschichte wird aber stets mit der metaphorischen Kalligrafiefeder zu Papier geführt. Sicherlich benötigt dieses Album viel Ruhe und Geduld. Wer diese jedoch mitbringt, darf dafür eine Stunde in den Kaninchenbau blicken.

Fazit: SINSITRO spielen eine ganz eigene Symbiose aus Doom, Drone und ruhiger Rockmusik, die sich sicherlich nur schwer mit anderen Bands vergleichen lässt. Auf dem aktuellen Langspieler reizen die Musiker ihre Trademarks aus und haben einige ihrer bisher besten Ideen im Gepäck. Ich kann ein Probehören jedem Fan düsterer Musik nur wärmstens ans Herz legen!

Hardy für Lady-Metal.com