Anreise / Check In

Es war gegen 09:30 Uhr am Mittwochmorgen als wir Ferropolis erreichten. Früh waren wir losgefahren und kamen aus Richtung Norden. Die A9, Abfahrt Dessau Ost / Oranienbaum und dann …

Natürlich ist es unnötig das WITH FULL FORCE auszuschildern. Man muss ja immer nur der Beschilderung nach Ferropolis folgen. Und wer fährt in den 2000ern noch ohne Navi? So hatte der Veranstalter dann auch ganz auf jedwede Richtungspfeile, Hinweisschilder oder Plakate verzichtet.

Aber trotzdem. Irgendwie war es unkultig. Gehört es nicht dazu, sich gegenseitig im Auto auf Schilder und Plakate aufmerksam zu machen? „Guck mal da, da müssen wir lang!“, auch wenn das eh jeder weiß. „Schau mal hier! Ein Plakat vom WFF!“, gleichwohl es alle schon hundert Mal gesehen haben. Stattdessen fuhr man durch kleine Städtchen und Dörfer und das Einzige was man zu sehen bekam, waren irgendwelche Plakate von einem Rosen- und Gartenfest. Ein Festivalfeeling bei der Anreise wollte sich da so gar nicht einstellen. Na ja.

Das Festivalgelände und die Camps vom WITH FULL FORCE kann man nur über eine einzige Zufahrtsstraße (die B107) erreichen. Ganz gleich wie viele Besucher man erwartete (ob nun 15‘000 oder 30‘000), es ist und bleibt ein Nadelöhr. Aber Stau? Fehlanzeige. Nun mag man meinen, dass es an dem frühen Zeitpunkt lag, der Check In würde ja frühestens 12:00 Uhr beginnen, aber weit gefehlt. Noch dreimal fuhren wir an diesem Vortag des eigentlichen Festivals am Gelände vorbei, aber zumindest auf der Straße kam es nie zu längeren Wartezeiten oder gar einem Verkehrschaos. Man hatte die Warteschleife für die Einfahrt von der Straße auf das Feld verlegt und sorgte so für Entlastung. Einzig die riesige Staubwolke, die schon aus der Ferne den Himmel verdunkelte, zeugte von den bevorstehenden drei Tagen härtesten METALs auf der Halbinsel. 

Direkt vor dem Gelände konnte man dann auch die ersten wirklichen Hinweistafeln des WFF bewundern. Zumindest die einzelnen Camps und deren Zufahrten waren dann doch ausgeschildert.

Obwohl bis zu Öffnen der Tore noch gut zweieinhalb Stunden vergehen würden, reihten sich in der besagten Warteschleife schon hunderte Autos dicht an dicht. Seit dem Umzug des WFF vor einem Jahr waren die Wege zu den Bühnen um ein vielfaches länger geworden und so versuchte natürlich jeder, der die Möglichkeit hatte bereits am Mittwoch anzureisen, einen Platz auf dem Blue Camp 1 zu ergattern, welches am Dichtesten am eigentlichen Festivalgelände lag. Shuttle-Bus hin, Shuttle-Bus her. 

Der V.I.P-Check In hernach verlief völlig problemlos. Zwar war nur ein einziger Schalter geöffnet, aber es dauerte keine zwanzig Minuten, bis man das begehrte Bändchen nebst Parkticket und Fotopass in den Händen hielt. Das Personal war freundlich, die Abfertigung zügig. Das erste Mal seit dem wir das WFF redaktionell begleiten, gab es bei den Fotopässen aber eine Einschränkung. Nicht jeder durfte den Freitags-Headliner JUDAS PRIEST fotografieren. Soweit wir das nachvollziehen konnten, beabsichtigte man wohl pro Medium nur einen Fotografen zuzulassen. Bei anderen Festivals sind solche Einschränkungen längst üblich, da gibt es Fotopässe für das Gelände, Pässe für den Graben und Headliner-Fotopässe. Allerdings hatten die Veranstalter nicht daran gedacht, diese Einschränkungen dann vor der Bühne auch wirklich zu kontrollieren. Weder gab es verschiedenfarbige Fotopässe, noch gab es eine Liste mit den zugelassenen Fotografen. Da besteht wohl noch etwas Lernbedarf. Wir jedenfalls haben uns selbstverständlich an die Vorgaben gehalten.

Über den Check In der eigentlichen Festival-Besucher können wir nicht viel schreiben. Aber soweit wir das von außen beobachten konnten, ging auch dieser ziemlich zügig. Natürlich wurden die Fahrzeuge kontrolliert und einige Security ließen es sich nicht nehmen, auch unter den Autos herum zu kriechen. Das mag vielleicht für einige Verzögerungen gesorgt haben, aber wer will es ihnen verdenken. Sicherheit geht nun einmal vor.

Bei unserem ersten Rundgang am späten Nachmittag war das Blue Camp 1 dann aber auch fast schon zu 100 Prozent voll und die Party konnte endlich beginnen.

Der Anreise gab es gar viele Möglichkeiten ...

Camping

Neben dem bereits erwähnten und beliebten Blue Camp 1, gab es noch das Blue Camp 2, das Red Camp, das Yellow Camp, das V.I.P.-Camp und den Tages-Parkplatz. Die Zeiten, dass man 15 Minuten vor seiner Lieblingsband mal eben vom Camp loslaufen konnte um pünktlich an der Bühne zu sein, sind mit dem Acker in Roitzschjora endgültig gestorben. Wer gut zweieinhalb Kilometer Fußweg auf sich nehmen wollte, konnte natürlich auch zu Fuß gehen … im nüchternen Zustand gut 30 Minuten (ohne Gepäck). Die meisten nahmen dann doch den Shuttle-Service in Anspruch.

Wir persönlich hatten damit wenig Probleme, wobei wir zugegebenermaßen auch nur den V.I.P.-Shuttle nutzten. Nur am letzten Tag nach APOCALYPTICA mussten wir mal länger als 30 Minuten warten. Angekündigt war, dass die Shuttle-Busse alle 10 Minuten fahren. Allerdings wurde uns zugetragen (persönlich haben wir es nicht erlebt), dass die Busse in den frühen Nachmittagsstunden wesentlich seltener gefahren sind. Das soll gar soweit geführt haben, dass sich riesige Schlangen an den Haltestellen (V.I.P.-Haltestelle) gebildet haben, und das Einige gar nicht mehr rechtzeitig vor die Bühne kamen. So mussten sie gar auf den einen oder anderen Act verzichten. Lapidare Auskunft der Security: „Es gibt eine neue Anweisung“. Warum wusste keiner zu sagen. 

Das ist wohl eines der größten Mankos beim WTIH FULL FORCE. Eine unterirdische Informationspolitik. Natürlich kann immer mal was schief laufen und natürlich muss man gegebenenfalls ein paar Anpassungen vornehmen. Aber diese sollten dann bitte schön auch kommuniziert und bekannt gemacht werden. Auf dieses Thema werden wir leider noch mehrmals zu sprechen kommen müssen. 

Nachdem es 2017 mit dem Umzug nach FERROPOLIS nicht zu dem erhofften Zuschauerboom kam (im Gegenteil, das WFF hat gut und gerne 10‘000 Besucher verloren), verzichtete man dieses Jahr auf die Yellow Camps 2 und 3. Auch das Green-Camp (letztes Jahr nur von einer Handvoll Leute genutzt) verschwand wieder. 

Wie immer konnte man sein Auto mit aufs Camp nehmen und direkt daneben Zelten. Ein großes Plus in Zeiten, da es immer mehr Festivals gibt, die sich gegenseitig die Besucher streitig machen. Auch Notstrom-Generatoren waren nach einigen Hin und Her im Vorfeld wieder erlaubt. So lag zwar schon am frühen Mittwochabend ein leichter Dieselgeruch über dem Camp, dafür wurde man aber auch allenthalben mit mehr oder weniger harten Riffs beschallt. Und wie sollte es anders sein … auch HELENE FISCHER dröhnte aus den Boxen einer farblich sehr rosalastigen Besuchergruppe. Ein bisschen Spaß muss sein. 

Die Campingplätze waren diesmal ausnahmslos gemäht (auch der Veranstalter lernt dazu) und rings um die Camps waren DIXI’s aufgestellt. Leider viel zu wenig, so dass der Großteil der männlichen Besucher eher den Weg in die Büsche nahm. Natürlich gab es auch wieder WC- und Duschcontainer, vom Gemeinschaftsduschen allerdings ist man wohl nicht abgekommen. Nun ja, wir sind auf einem Metal-Festival und nicht beim Opernball. Das sollte man bei aller Kritik bedenken. 

Das Blue Camp 1 verfügte über einige (wenn auch kleine) Badestellen und natürlich über jede Menge Verkaufsstände. Pizza, Döner, Backfisch, Grill, Zigaretten, Eis, Bäcker, und das obligatorische Frühstückszelt, welches 24 Stunden geöffnet hatte.  Auch wer bei seiner Campingausstattung noch was vergessen hatte wurde fündig. Was wir vermisst (oder nicht gefunden) haben, war ein Supermarkt. So was gehört doch eigentlich dazu, oder? Genau wie der Tequila-Partybus. Den hatte man Gott sei Dank nicht vergessen und wenn man Leute auf dem Tisch tanzen sehen wollte, musste man nur seinem Gehör folgen.

Zwar hatten noch nicht alle Stände am Mittwochnachmittag offen, aber für das leibliche und seelische Wohl war jedenfalls schon mal gesorgt. Da aber viele Camper noch mit dem Aufbau der Zelte beschäftigt waren, wurde die „Fressmeile“ zu diesem frühen Zeitpunkt nur wenig frequentiert. Auch die richtige Festival-Stimmung hatte sich noch nicht eingestellt, vielleicht lag es ja an der schwülwarmen Luft. Aber wir sind uns sicher, dass es nach der ersten Akklimatisierung wieder hoch herging …  in und vor den Zelten. Viele mussten ja auch erst mal zum Bändchentausch und zumindest da bildeten sich schon mal riesige Schlangen.

Im Partyzelt am Abend war dann schon wesentlich mehr los, auch wenn viele ziemlich frustriert ob der viel zu wenigen Ausschankhähne waren. Zwei wohl im Ganzen. So stand man teilweise in vier Reihen um den Bierwagen herum, in der Hoffnung doch noch ein kühles Blondes zu erhaschen.

Apropos Bier. Nach unzähligen Protesten der Besucher in den vergangenen Jahren wurde das ungeliebte Braustolz endlich vom Festival verbannt. Neuer Lieferant: Mönchshof. Mir persönlich schmeckte es wesentlich besser, auch wenn man davon ausgehen kann, dass es ob des Bieres wieder unzählige Diskussionen geben wird. Recht machen kann man es wohl nie allen, und den Weg, Exklusivrechte abzugeben und mehrere Biersorten auf dem Festival anzubieten, ist der Veranstalter nicht gegangen. Mit € 3,50 blieb zumindest der Bierpreis im humanen Rahmen, was man von den angebotenen Speisen nicht immer behaupten konnte. Aber dazu später mehr.

Ein wirkliches Chaos auf den Campingplätzen entstand dann aber am Sonntag bei der Abreise. 2 Stunden für 10 Meter, 3 Stunden, bis man vom Gelände runter war. Frust und Ärger überall. Aus irgendwelchen Gründen wurden die Tore wohl erst ziemlich spät geöffnet. Da besteht dringend Handlungsbedarf seitens des Veranstalters. 2019 dann. Hoffentlich.

Getränkezufuhr ...

V.I.P. / Presse

Für die V.I.P. / Presse gab es natürlich einen extra Check In. Wie bereits geschrieben verlief dort auch alles problemlos. Von da aus ging es mit dem Auto quer über das Red Camp zum V.I.P.-Camp. Wir empfanden diese Lösung auch letztes Jahr schon nicht gerade als ideal. Da wir selbst nicht auf dem Gelände übernachteten, hieß das jeden Tag zweimal über das Red Camp holpern. Das dachte sich wohl auch der Veranstalter und suchte nach einer Lösung. Aber wie fast immer, wenn während des Festivals etwas geändert werden musste, entstand daraus ein einziges Chaos. 

Als wir am Abend das Gelände verlassen wollten, geschah das über einen separaten Ausgang, so dass wir nun nicht mehr über das Camp sondern direkt auf die asphaltierte Straße, die von der B107 zum Festivalgelände führte, fuhren. Normalerweise versucht man dort den Verkehr so weit als möglich einzuschränken, da dies ja auch die einzige Zufahrtsstraße für Versorgungs- und Rettungsfahrzeuge ist. Als uns aber der Security, welcher uns vom V.I.P.-Camp lotste, die Einfahrtsgenehmigung abnahm, schwante mir Böses. Auf die Frage nach dem „Warum“ bekam man die Standardantwort zu hören: „Es gibt eine neue Anweisung“ Wir sollten uns am nächsten Tag an der Einfahrt zum Festivalgelände melden und dort würde man dann per Funk nachfragen und uns wieder auf das Gelände lassen. Daran glauben konnte weder wir, noch der Security selbst. „Ich finde diese Anweisung auch schwachsinnig.“, sein Kommentar dazu. Und so kam es wie es kommen musste.

Als wir am Freitagmorgen auf das Gelände fahren wollten, wurde uns die Zufahrt verweigert. „Von solch einer Anweisung habe ich noch nie was gehört!“, war erwartungsgemäß die Antwort und man empfahl uns, uns noch einmal beim Check In zu melden. Auch da nur ratlose Gesichter. Keiner wusste von etwas. Trotzdem stellte man uns, nach Prüfen der Daten, schnell und unkompliziert ein neues Parkticket aus.

Liebe Veranstalter. Wir verstehen durchaus, dass ihr den Verkehr auf dem Festivalgelände so gering wie möglich halten wollt. Und wenn tatsächlich diese Handvoll Leute (wir kennen eigentlich nur einen einzigen weiteren Pressevertreter, der das Gelände während des Festivals verlässt) ein so großes Problem darstellen, dann sucht nach Lösungen die akzeptabel sind und vor allen: Informiert eure Mitarbeiter. Statt des V.I.P.-Parktickets könnte man ja in diesem speziellen Fall auch Tagestickets für Donnerstag, Freitag und Samstag ausstellen. Denn ob wir nun vom V.I.P.-Camp oder vom Tagesparkplatz mit dem Shuttle aufs Festivalgelände fahren, macht nun wirklich kaum einen Unterschied. 

Der V.I.P. / Pressebereich lag wie auch im letzten Jahr links neben der Bühne. Ein geräumiges Zelt mit Bar und eine eigene Terrasse (die einen idealen Blick auf die FEROX Stage gewährte). Dazu gab es einen Außenbereich mit Bänken und Tischen und (dieses Jahr als Novum) sogar vier Hängematten. Gut, die waren wohl eher was für die V.I.P. – ich jedenfalls kann mir nicht vorstellen, dass ein Pressevertreter so viel Zeit über hat, um da entspannt zu chillen.

Und wie jedes Jahr, so leider auch 2018. Es gab keine Steckdosen für die Pressevertreter, keine Arbeitstische und am Donnerstag noch nicht einmal WLAN (dieses gab es dann erst ab Freitag). Dabei sollte man doch davon ausgehen, dass dem WFF auch an einer Live-Berichterstattung gelegen ist. Gern hätten wir zwischendurch mal ein Bild hochgeladen oder einen kurzen Zwischenbericht gegeben. Aber unter diesen Umständen ist das wirklich kaum machbar. Schade eigentlich.

So ein kleiner Grill im V.I.P.-Bereich wäre übrigens auch mal eine coole Idee. Cool … ja cool und kultig eingerichtet war das V.I.P.-Zelt dafür. Den fehlenden Screen konnte man verschmerzen, musste man doch nur ein paar Schritte raus aus dem Zelt, um auf die FERROX zu blicken. Für die IMPERICON-Stage wäre so ein Screen aber immer noch sinnvoll gewesen. Auch auf die festen WC‘s hatte man dieses Jahr im V.I.P.-Bereich verzichtet. DIXI war angesagt. Man konnte damit leben.

Viel ärgerlicher war, dass das Barpersonal, speziell in den frühen Nachmittagsstunden, nicht wirklich mit Arbeitseifer glänzte. Vor 15:00 Uhr gab es zumeist erst gar nichts und danach ging es teilweise so schleppend langsam, dass man tatsächlich überlegen musste, sich seine Getränke irgendwo auf dem Festivalgelände zu holen. Zum Abend hin wurde es dann besser, aber den Kollegen am Nachmittag hätte man schon gerne mal in den Allerwertesten getreten. Noch dazu, wenn man als Fotograf fast immer unter Zeitdruck steht. 

An den Arbeitsbedingungen für die Presse (auf fast allen anderen Festivals gibt es übrigens auch Kaffee und/oder Wasser kostenlos) sollte der Veranstalter bitte, bitte dringend arbeiten. Es muss ja nicht gleich eine Schwimmplattform wie im Backstage sein, die man zumindest aus der Ferne neidisch beäugen konnte.

Blick von der V.I.P.-Tribühne

Festivalareal

FULL FORCE ISLAND – daran werden wir uns nun also gewöhnen müssen und es macht wenig Sinn jedes Jahr aufs Neue dem heißgeliebten Acker nachzuweinen. Zudem hatte man das Gefühl, dass das Gelände 2018 von den Besuchern schon wesentlich besser angenommen wurde als noch im Vorjahr. 

Ursprünglich befand sich an dieser Stelle der ehemalige Tagebau Golpa-Nord. Als 1991 das Ende des Tagebaus eingeläutet wurde, funktionierte man das Gelände in ein Freilichtmuseum und Veranstaltungsort um. Die Tagebaugroßgeräte „“Mad Max“, Big Wheel“, „Gemini“, „Medusa“ und „Mosquito“ sorgen für eine einzigartige Kulisse, die von vielen Künstlern geschätzt wird. Nachteil – sowohl die FEROX STAGE, als auch die IMPERICON HARDBOWL STAGE werden von Betonflächen gesäumt. Für Crowdsurfer bedeutet ein Absturz dadurch zu einem schmerzhaften Erlebnis zu werden. Aber gleichwohl es 2018 wieder Unmengen an Crowdsurfern gab, ist uns kein Fall bekannt, an dem sich jemand verletzt hätte.

Der Eingangsbereich war großzügig gehalten, so dass es beim Einlass kaum zu Wartezeiten kam. Mehrere Schleusen sorgten für eine zügige Abfertigung. Spekulativ bleibt es, ob dies bei einer höheren Auslastung gleichfalls so ist. Denn seien wir mal ehrlich. Ein WITH FULL FORCE mit 30‘000 Besuchern gehört momentan ins Reich der Utopie. Offizielle Zuschauerzahlen sind uns nicht bekannt. Aber mehr als 17‘000 – 18‘000 werden es auch am Samstag (mit Tageskarten) nicht gewesen sein. Zwar schienen die Infields vor den beiden Hauptbühnen dieses Jahr voller gewesen zu sein, aber wenn man davon ausgeht, dass allein die FEROX-Stage eine Kapazität von 25‘000 Besuchern hat, ist da noch viel Luft nach oben.

Auf die BIG WHEEL STAGE hatte man dieses Jahr stillschweigend verzichtet (leider wieder ohne eine Erklärung oder Begründung), so dass sich das FULL FORCE auf drei Bühnen abspielte. FEROX STAGE, IMPERICON HARDBOWL STAGE und die METAL HAMMER STAGE. Dabei waren die beiden größeren Bühnen zusätzlich von Betonterrassen umgeben, so dass der erschöpfte METAL-Fan seine Stars notfalls auch im Sitzen bewundern konnte. 

Die METAL HAMMER STAGE (in diesem Jahr dann auch größer und als vollwertige Bühne anzusehen) wurde zu einer Herausforderung der besonderen Art. Das Sandinfield heizte sich auf und die Trockenheit sorgte für so viel Staub, dass der Moshpit nahezu extremsportartige Ausmaße annahm. Leider war die METAL HAMMER sehr selten so gut besucht, als dass es dadurch zu ernsthaften Problemen gekommen wäre. Hauptgrund dafür: FEROX und METAL HAMMER wurden zeitgleich bespielt. Für die „kleineren“ und die Voting-Bands sicherlich ein Ärgernis, eine Lösung würde aber auch mir auf die Schnelle nicht einfallen.

FEROX und IMPERICON HARDBOWL waren, großzügig betrachtet, Parallelbühnen und der nahezu perfekten Organisation des Veranstalters (was den Zeitplan betrifft) war es zu danken, dass es nie zu einer Überschneidung der Acts kam. Das war im letzten Jahr noch anders. Das einzige technische Problem, was während des Festivals auf den Bühnen auftrat war vor dem Auftritt von JUDAS PRIEST, was zu einer fast 40minütigen Verspätung führte. So musste man die Knüppelnacht am Samstag entsprechend nach hinten verschieben. Da es aber eine Ausnahme blieb und bei Festivals dieser Größenordnung immer mal was schief laufen kann, soll das kein Grund zur Kritik sein. 

Kritik, ja die Kritik. Unbestritten am meisten kritisiert wurde in den letzten Jahren das Bier. Nun, wie bereits erwähnt, gibt es Mönchshof statt des gehassten Braustolz. Das Flehen der Fans wurde also erhört. Ein Schritt nach vorn, auch wenn Exklusivrechte (gerade bei Bier) immer ein hohes Konfliktpotential in sich bergen. Immerhin, man konnte auf Met oder Honigbier ausweichen. Der Stand war wohl etwas versteckt hinter einem der großen Bagger, aber wer wollte, hat ihn auch gefunden.

Das Speisenangebot war durchwachsen. Zwar gab es von jedem etwas, aber die Qualität schwankte doch arg. Ein kleines Stück Pizza, spärlich belegt schlug mit € 5,00 zu Buche. Nicht zu empfehlen. Für das gleiche Geld bekam man aber auch Pasta mit verschiedenen Beilagen. Immer noch teuer, aber wenigstens hat es geschmeckt und man wurde satt davon. Den WFF-Burger für sage und schreibe € 10,00 haben wir uns gleich ganz gespart. Alles ausprobieren hätten wir eh nicht können und so bleibt ein Fazit in diesem Bereich unvollständig. Pommes, Burger, Grill, Pizza, Pasta, Eis, Cocktails, Handbrot, Fish Ships, Pulled Pork, sind nur eine kleine Auswahl dessen, was angeboten wurde. Und natürlich … Erdbeerbowle. Wenn auch die Falsche.

Auch hier gab es im Vorfeld ja unendliche Diskussionen, was teilweise darin gipfelte, dass man dem Veranstalter unterstellte, bewusst die Unwahrheit zu sagen. Darüber möchten wir uns an dieser Stelle kein Urteil erlauben. Fakt ist, und das ist auch belegbar, dass der Erdbeerbowlenstand früherer Jahre gern wieder auf das Festival gekommen wäre. Dass nun stattdessen ein anderer Betreiber für Erdbeerbowle sorgt (die zudem teurer und schlechter sein soll) ist für viele ein Ärgernis. Doch sollte man hier auch etwas relativieren. Denn ganz sicher ist es so, dass der Betreiber von FERROPOLIS den Veranstaltern viele Kompromisse aufzwingt. Das wird sich von heute auf morgen nicht ändern lassen. Aber hey, wenn das WITH FULL FORCE wieder wächst (und davon gehen wir nach unseren Eindrücken von 2018 ganz fest aus) und vielleicht auch mal wieder 30‘000 oder gar 50‘000 Leute das FULL FORCE ISLAND stürmen, dann hat auch der Veranstalter eine ganz andere Verhandlungsposition gegenüber den Betreibern. Ein Teufelskreis, gewiss, aber ein Stückweit können auch wir (wie bereits mit einer Petition geschehen, die dann leider doch zu spät kam) darauf Einfluss nehmen.

Der Erdbeerbowlenstand lag romantisch eingebettet im Chillout Forest mit unmittelbaren Zugang zu einem kleinen Strand. Der See lud zum Baden ein, urige Sitzgelegenheiten zum chillen. Einzig die Schlager- und Stimmungsmucke, die dem ganzen einen Hauch Ballermann verliehen, waren nicht so mein Ding.

An den sanitären Anlagen hatte das WFF diesmal sichtbar gespart. Nur wenige DIXI waren aufgestellt was dazu führte, dass immer mehr und mehr Besucher den Zaun hinter dem Bagger nutzten. Die festen sanitären Anlagen von FERROPOLIS waren selbstverständlich geöffnet und zumindest bei den Männern in ihrer Kapazität auch ausreichend, aber bei einem so weitläufigen Gelände ist dem Einen oder Anderen der Weg dann doch schon mal zu weit. 

Kostenlose Wasserstellen gab es an der FEROX und der IMPERICON STAGE, wobei nur letztere auch wirklich funktionierte. Ein kleines Armutszeugnis für den Veranstalter, dass er es in drei Tagen nicht fertig brachte, die Wasserstelle an der FEROX in Betrieb zu nehmen.  

Und natürlich gab es Merchandise. Vom WFF und von IMPERICON. Der IMPERICON-Stand verteilte auch kostenlose Schildchen die man beschriften konnte um sich und der Welt eine Mitteilung zu machen. Oder um vor der Bühne sein Statement abzugeben. Wie auch immer. 

Die Autogrammstunden von IMPERICON und METAL HAMMER waren gut besucht und so hatte jeder, der denn wollte, auch Gelegenheit, seinen Idolen mal ganz nahe zu sein. 

Was noch? Am Jägermeister-Stand war fast rund um die Uhr Party, eine Art Hüpfburg lud zum Volleyball ein, Schaukel und Klettergerüst bedienten das Kind in jedem von uns und auch die Raucher kamen nicht zu kurz. Zigaretten und Feuer waren immer irgendwie käuflich zu erwerben. Mobile Bierverkäufer gab es allerdings keine. Wäre wohl aber auch unnötig gewesen, da die Infields vor den Bühnen großzügig mit Getränkeständen ausgestattet waren. Und wer tatsächlich mal pleite war, konnte sich an den Geldautomaten wieder finanziell aufrüsten.

Das (noch) leere Festivalareal

Running Order

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Donnerstag

10:00 Uhr. Es herrscht schönstes Wetter in Gräfenhainichen. Noch war es nicht zu warm. Ein blauer Himmel und ein strahlende Sonne verwöhnten uns am Frühstückstisch. Eine leichte Brise sorgte dafür, dass man nicht ins Schwitzen geriet und auch dafür, dass ich die Sonnencreme vergaß. Was sich am Abend bitter rächen sollte. 

Als wir gegen 12:00 Uhr auf dem V.I.P.-Camp ankamen war es auf den Zeltplätzen erstaunlich ruhig. Ein wenig mehr an Party hätte ich eigentlich auch zu diesem Zeitpunkt schon erwartet. Sicher, der nächtliche Partygänger war noch dabei zu erwachen, aber es gab schon genug Leute, die bereits ins Leben zurückgefunden hatten. Für uns begann der Donnerstag dann erstmal mit einer zünftigen Morgenertüchtigung. Noch letztes Jahr gab es auf beiden Seiten der Straße eine V.I.P.-Haltestelle. Da man die Straße nur über eine Brücke überqueren konnte, hieß es also Treppen rauf, Treppen runter, nur um danach von dem freundlichen Security darauf hingewiesen zu werden, dass es dieses Jahr nur eine Haltestelle gebe. Natürlich die, auf der anderen Seite der Straße. Also Treppe rauf, Treppe runter. *urgs*

Dafür, dass die erste Band des Tages schon 13:45 Uhr auf der IMPERICON spielen sollte, erschien mir das Öffnen der Tore zum eigentlichen Festivalgelände um 13:00 Uhr sehr spät. Allerdings hatten sich auch noch nicht allzu viele Leute am Einlass eingefunden, so dass wir es bequem zum Opener des Festivals schafften. Und diesen Part übernahm …

OCEANS ATE ALASKA. Die progressive Metalcore-Band aus England bewältigte diese, sicher nicht ganz einfache, Aufgabe mit Bravour. Es dauerte keine fünf Minuten, bis sich der erste zaghafte Circle Pit entstand und noch während der ersten drei Titel machte sich auch schon der erste Crowdsurfer auf den Weg. Tatsächlich hätte ich mit einem so fulminanten Anfang nicht gerechnet.

Da konnte EMPLOYED TO SERVE, die danach die METAL HAMMER STAGE einweihten, nicht mithalten. Ebenfalls aus England angereist, hatten sie zu Beginn ihres Gigs gerade mal zwei Zuschauer vor der Bühne stehen. Mit den ersten Klängen strömten dann noch einige Fans aus allen Himmelsrichtungen vor die Bühne, doch dem Opener des Festivals konnten sie – zumindest an der Publikumsgunst gemessen – bei weitem nicht das Wasser reichen. Der jetzt schon heiße Sand und die pralle Sonne taten ihr Übriges.

Nun also einmal quer übers Gelände hin zur FEROX. Verwundert rieb ich mir die Augen. Tatsächlich war das Infield vor der Bühne schon fast zur Hälfte gefüllt. Und das um 15:20 Uhr. Offensichtlich hatten FOR I AM KING um Frontfrau Alma schon mal gute Vorarbeit geleistet. Beste Voraussetzungen also für …

TOXPACK, die dann auch für richtig gute Stimmung sorgten. Die Ostberliner wussten von Anfang an mit musikalischer und textlicher Qualitätskost zu überzeugen und schnupperten hier und da auch schon mal am Metal und Hardcore. Ganzheitlich gesehen spielten sie aber doch eher Streetcore, der sich rockig in den Gehirnwindungen der Zuschauer festsetzte. Vielseitigkeit ist nicht unbedingt ein Qualitätsmerkmal der Mannen um Sänger Schulle, aber das erwarten die TOXPACK-Fans wahrscheinlich auch gar nicht. Alles in allem, mehr als nur ein Lückenfüller.

Das erste Abrisskommando betrat dann um 16:00 Uhr die IMPERICON. 

MISS MAY I aus Ohio feuerten ihr bewährtes Double-Bass Feuer vom ersten Song an in die Massen. Rhythmusorientierte Passagen werden von einer melodischen Lead-Gitarre und epischen Soli unterstützt. Auffällig: Das Verhältnis von Clean-Vocals und gutturalen Vocals hat sich deutlich zum Klargesang hin verschoben. Dabei beweist Bassist Ryan Neff durchaus Talent. MISS MAY I präsentierten ihren klassischen Metal-Core in einem durchaus modernen Gewand.

Bei POWERFLO legte ich dann erst mal eine Pause ein. Rapplastiger Groove gehört aber nicht unbedingt zu meinen Favoriten, was aber keine Wertung der Band sein soll. Allerdings war von der V.I.P.-Tribüne zu beobachten, dass die Amis sichtlich Mühe hatten, Leute vor die Bühne zu bekommen, auch wenn sie ordentlich Dampf machten. Aber man hatte eher das Gefühl, dass ein Großteil der Besucher lieber im Schatten vor der IMPERICON auf STRAY FROM THE PATH wartete, als in der knalligen Sonne zu moshen. 

Kanadischer Death-Metal stand als nächstes auf dem Programm der FEROX. KATAKLYSM. Von Melodic-Death-Metal bis Groove-Death-Metal bedienten die Kanadier die ganze Palette, Dazwischen  auch mal Refrains, die schnell und poppig ins Ohr gehen. Auch Nothern Hyperblast und Kompromisslosigkeit knallten von der Bühne, halt das, was der Fan hören möchte. KATAKLYSM stagniert in ihrer Entwicklung schon seit ein paar Jahren, sie erfinden sich nicht grundlegend neu. Doch das reicht immer noch um die Massen ordentlich in Bewegung zu bringen. 

Zeitgleich übernehmen die Franzosen von DAGOBA das Zepter auf der METAL HAMMER STAGE und wirbeln, oder besser gesagt, lassen, ordentlich Staub aufwirbeln. Ihr Modern-Metal lag in der Gunst der Zuschauer wesentlich höher als bei den vorangegangenen Bands auf der METAL HAMMER.

Kurze Stippvisite auf der IMPERICON. Kalifornischer Postcor a la BEING AS AN OCEAN sorgte für Bewegung. Als Höhepunkt ließ es sich Michael McGough nicht nehmen, mit einem Sprung ins Publikum seinen Mut unter Beweis zu stellen. Ich bin ja mal gespannt, ob wir das auf einem Bild festhalten konnten. Ich persönlich hatte keine Kamera dabei. Im Übrigen war das Infield der IMPERICON HARDBOWL bei fast jedem Act sehr, sehr voll. Und richtig voll wurde es hernach auch vor der FEROX, gleichwohl das nicht heißt, dass da nicht noch mehr Leute vor die Bühne gepasst hätten. Wie bereits geschrieben: Kapazität der Hauptbühne 25‘000.

„Wenn man sich inmitten um sich schlagender Körper wiederfindet, man mit zehn anderen Typen die Zeilen brüllt, die man schon tausend Mal stumm mitgesungen hat, und sich danach mit neuer Kraft in den Pit wirft, weiß man wieder: Hardcore ist einfach geil. Genau das zeigen STICK TO YOUR GUNS bei jedem Konzert aufs Neue. Lautstärke und Energie einmal radikal im Uhrzeigersinn bis auf Anschlag gedreht und den unzähligen Leuten da unten ein verschwitztes Grinsen ins Gesicht geklatscht; das Publikum mit Ansagen aufbauen, es die Hymnen mitsingen lassen und die Leute dem Gefühl nach Hause schicken, immer einen Anker zu haben.“ … besser kann man die Kalifornier wohl nicht beschreiben. Den Security im Graben wurden Höchstleistungen abverlangt, denn ein Crowdsurfer nach dem anderen fand den Weg nach vorn. Zeit sich auch mal bei ihnen zu bedanken. Denn trotz teilweise sehr viel Stress blieben sie immer höflich und hilfsbereit, hatten die Sache jederzeit im Griff und meist auch noch ein Lächeln auf den Lippen. DANKE an alle Security und Helfer, ihr habt großartige Arbeit abgeliefert.

BODY COUNT FEAT. ICE-T ließ ich aus den schon bekannten Gründen wieder aus. Aber so viel „Mother Fucker“ wie bei diesem Act habe ich bisher weder bei einem Rap- noch bei einem Metal-Konzert zu hören bekommen. Mag sein, dass die Herren irgendwie Kult sind, für mich persönlich war das jedenfalls nicht das Richtige. Aber Bilder gibt es ja trotzdem. 

Auch CALIBAN um 21:50 Uhr auf der IMPERICON wusste mich nicht so richtig zu überzeugen. Seit ihrem Meilenstein „I Am Nemesis“ (2012) stehen bei den Nordrhein-Westfalen die Räder still. Standard-Metalcore ohne jegliche Überraschungen und ein immer wieder gleich aufgebautes Songwriting strapazieren die Nerven schon heftig. Leider bekommt Sänger Andreas Dörner auch keinen wirklich überzeugenden Klargesang hin, so dass selbst starke, treibende Riffs in den Strophen von einem schwachen und dünnen Clean-Gesang im Refrain überschattet werden. Für eine 50minütige Festival-Show mag das ausreichen, zumal sie live noch immer eine Institution sind. Der Moshpit gab ihnen in dieser Beziehung Recht. Aber irgendwie hat man das Gefühl, das bei CALIBAN 2018 die Luft raus ist.

Pünktlich um 22.40 Uhr betraten dann die Headliner des ersten Tages die FEROX STAGE. Lange Zeit war es ruhig gewesen um die Waliser BULLET FOR MY VALENTINE. Mitte der 2000er waren sie die großen Stars am Trash-Metal-Himmel. Mittlerweile sind die Mannen um Matt Tuck allenfalls noch im Mittelfeld der Szene anzusiedeln. Das mag hart klingen, aber für ein 25jähriges Jubiläums-Metal-Festival halte ich sie als Headliner für eine Fehlbesetzung. Von der juvenilen Wucht der Anfangsjahre ist nicht mehr viel übrig. Selbstverständlich sind die Waliser nach wie vor in der Lage ein sattes Trash-Flair zu entwickeln, aber reicht das wirklich? Zu allem Überfluss hämmerte das Doublebass-Geknüppel in einigen Passagen die Bassfrequenzen völlig zu. Auch das eigentlich recht versierte Gitarrenduo wirkt zeitweise etwas leblos. Das gleicht dann auch   Michael Paget mit seinen gewohnt pfeilschnellen Tapping-Soli nicht mehr aus. Schade, BULLET FOR MY VALENTINE besitzt ganz sicher ein größeres Potential und es bleibt zu hoffen, dass sie bald zu alter Stärke zurückfinden. 

Um 00.00 Uhr begann dann im V.I.P.-Zelt Die Party mit einem DJ, die wir uns aber nicht antaten. Für die Härtesten der Harten begann zeitgleich auf der IMPERICON die längst zum Kult aufgestiegene Knüppelnacht. Erster Act:

BELPHEGOR. Die Österreicher entfachten wie immer ein diabolisches Feuer, das sich mit jedem Song weiter ausbreitete und nichts als Asche und Dunkelheit hinterlässt. Viel Neues indes gab es auch bei BELPHEGOR nicht zu hören. Doch solange die bekannten Passagen grandios sind, können sie auch weiter im positiven Sinne als Trademarks gelten.

Und so verließen wir nicht nur in Asche und Dunkelheit, sondern auch mit einem gehörigen Sonnenbrand den ersten Tag des Jubiläums WITH FULL FORCE. Kleiner Trost: Damit war ich bei Weitem nicht alleine.

Bullet For My Valentine

Freitag

Am Freitag ließ sich dann die Sonne nicht ganz so oft blicken, was ich mit einem Seufzer der Erleichterung zu Kenntnis nahm. Zwar gab es gleich zu Beginn des Festivaltages mal einen leichten Regenschauer, doch auch der Regen verzog sich schnell wieder. So hatten wir 2018 wirklich Glück mit dem Wetter. Und endlich, endlich gab es wieder mal ein WITH FULL FORCE ohne Unwetterwarnung oder gar Abbruch. Wenn das mal nicht ein gutes Omen ist.  

Diesmal mussten wir etwas länger auf das V.I.P.-Shuttle warten, aber da wir früh genug auf dem Gelände waren konnten wir trotz dieser Wartezeit unseren „Foto-Plan“ einhalten. Der begann bereits um 13:00 Uhr auf der IMPERICON mit …

8KIDS. Die Post-Hardcore-Band aus Darmstadt legten dann auch gleich mal richtig los. Deutsche Texte mit emotionalen Inhalten wurden in melodische und eingängige Melodien verpackt. Im Gegensatz zu den meisten Besuchern, bei denen der erste Tag schon sichtlich seinen Tribut forderte, sprühten die Herren um Frontmann Jonas Jakob vor unbändiger Energie und glänzten mit einer wuchtigen Ausstrahlung. Das Repertoire von 8KIDS beschränkte sich ausschließlich auf Post-Hardcore, Überraschungen waren nicht vorgesehen. Eine gute Show, vor leider sehr wenigen Leuten.

Insgesamt, über die ganzen drei Tage betrachtet, konnte man aber feststellen, dass die Infields der beiden Hauptbühnen 2018 wesentlich besser besucht waren als noch vor Jahresfrist. Das lässt hoffen. Nicht nur wir hatten das Gefühl, dass die neue Location des WITH FULL FORCE langsam von den Fans und der Community angenommen wird. Das nach einer Knüppelnacht, die bis 04:00 Uhr morgens geht, und die als Abschluss noch ein Highlight wie ABBATH zu bieten hat, zur Mittagszeit noch nicht wieder alle auf den Beinen waren, liegt wohl in der Natur der Sache.

Das änderte sich danach bei PSYCHOSTICK nicht wesentlich. Die Fun-Core-Band aus Phoenix traten wir gewohnt mit einem schrägen Outfit auf und ließen sich auch die eine oder andere Einlage nicht nehmen. Die Luftgitarre kennt wohl jeder. Wenn aber eine ganze Band ihre Instrumente spielt, ohne das auch nur ein Ton zu hören ist, dann sorgt das vor der Bühne auch schon mal für Heiterkeit. Natürlich war das nur eine kurze Sequenz mitten in der Show. Ansonsten wurde Hardcore-Punk mit humoristischen Texten gespielt. Mittlerweile hatten sich dann doch noch ein paar mehr Fans (inklusive der Hardcore-Fans von PSYCHOSTICK) auf dem Infield versammelt. Zum Crowdsurfing allerdings reichte es noch lange nicht.

Die ASTROID BOYS präsentierten mit heftigen Bässen und harten Gitarrenriffs ihre Mischung aus Grime, Hardcore und Punk ab 14:10 Uhr auf der IMPERICON, bevor es für uns um viertel vor drei auf der FEROX STAGE weiterging.

DRITTE WAHL aus Rostock zeigte gleich mal mit ihrem überdimensionalen Backdrop, auf was die Show zugeschnitten sein würde. Auf „10“, ihre neue Platte. Und wie eh und je spielten die Mannen um Gunnar Schröder mit viel Power im Riff und einer nicht zu leugnenden Nähe zum straightem Metal. Die Songs gingen direkt ins Blut und konnten durch schlüssige Kompositionen überzeugen. Mittlerweile war auch ein Gutteil der Festivalbesucher aus ihrem Schlummer erwacht und das Infield schon knapp zur Hälfte gefüllt. Langsam kam auch der zweite Tag in die Gänge.

EKTOMORF aus Ungarn setzte auf Altbewährtes. Große Klangveränderungen waren von Zoltan „Zoli“ Farka? und Co auch nicht zu erwarten gewesen. Warum auch? Hohes Wutpotential und Knochenzersägende Riffs kamen aggressiv und kantig aus den Boxen. Das kam bei den Fans im Infield so gut an, dass EKTOMORF mit Sprechchören gefeiert wurde und den Ungarn sogar so etwas wie eine kleine Zugabe entlockte. Großes Kino.

Wir blieben auf der FEROX STAGE hängen, denn als nächstes hatte sich da MADBALL angesagt. Oldschool-Hardcore aus New York. Wer nachdenkliche Straßenlyrik erwartet, war bei MADBALL schon in den vergangenen 30 Jahren falsch. Klare Ansagen sind Pflicht. Und so ist es auch 2018 noch. Auch war nicht zu erwarten, dass sie auf ihre alten Tage noch neue Klanggefilde entdecken, nur weil blondierter Hassprediger das Weiße Haus okkupiert. Mit ihrem straighten und aggressiven Hardcore avancierten Freddy Cricien und Co. zu einer unverrückbaren Trademark. Wut, rohe Kraft und Motivation fließen in ihre Songs und wurden knüppelhart von der Bühne ins Infield gedroschen. Dankbar wurde es dort angenommen. Kein Wunder also, dass weder auf noch vor der Bühne jemand ruhig stehen bleiben konnte.

Dass zeitgleich auf der METAL HAMMER mit MEGAHERZ, eine Band, die als einer der Wegbereiter der Neuen Deutschen Härte gilt, ihr Gastspiel auf dem WITH FULL FORCE gab, fand ich persönlich von der zeitlichen Abfolge sehr schade. Die Jungs aus München hätte ich mir auch gerne angesehen.

Mittlerweile hatten wir es schon 18:20 Uhr, Zeit also auf der IMPERICON NOTHING MORE einen Besuch abzustatten. Und auch dort wird sich nicht lange beim Vorspiel aufgehalten. Sänger und Frontmann Jonny Hawkins begann die Show damit, dass er wie ein Derwisch auf einem (Retro) Drumset herumhüpfte, Drumsticks in die Zuschauer warf und letztlich die Drums auch tatsächlich zum Trommeln benutzte. Nur als Opener, denn natürlich hatten die Texaner auch ihren etatmäßigen Drummer mitgebracht. Das war schon mal ein furioser Beginn, auch wenn das Infield vor der IMPERICON sich immer noch nicht so richtig füllen wollte. Der Frontmann, der mit seinem Charisma seine Kollegen sichtlich in den Hintergrund drängte, vollführte auch gegen Ende der Show noch einmal wagehalsige Turnübungen auf der Bühne. Das Energieniveau wurde während der ganzen Zeit auf einem extrem hohen Level gehalten und die Amis wussten in ihren Arrangements durch eine – mir bis dato unbekannte – Vielseitigkeit zu überzeugen. 

Danach verschlug es mich auf die METAL HAMMER STAGE, auch wenn das bedeutete, dass ich ESKIMO CALLBOY zum Großteil verpasst habe. Meine Entscheidung viel aber auf:

WOLVES IN THE THRONE ROOM. Lange Zeit waren die Thronraumwölfe verschwunden, bis sie im letzten Jahr mit vereinzelten Live-Auftritten und einer neuen Platte im Gepäck in die hiesige Welt zurückkehrten. Umso gespannter war ich auf ihren Auftritt beim WITH FULL FORCE. Die Weaver-Brüder nebst Band begaben sich wieder auf altbewährtes Terrain. Atmosphärischer Black Metal mit naturmystischem Bezug. Doch man wird das Gefühl nicht los, dass sie dies heuer offener und ungezwungener tun. Und auch vielseitiger. Was wir zu hören bekamen war teilweise schon ein Mix aus Black Metal, getragenem Black Metal, Düster Folk und Ambient. Und das, auf allerhöchstem Niveau. Schade, dass man den Amis nur die METAL HAMMER Bühne als Plattform gab.

Es soll ja Damen auf dem WFF gegeben haben, die den Auftritt von ESKIMO CALLBOY ebenso gespannt erwarteten, wie in einer mittelprächtigen RTL-Dating Show andere auf eine Rose warten. Nun ja, das soll nicht Thema sein. Soweit ich das im „Vorbeigehen“ beurteilen konnte, traten ESKIMO CALLBOY wie immer extrem selbstbewusst auf, ohne Rücksicht auf Verluste, aber auch weiterhin mit einer ordentlichen Portion Selbstironie und „Abgefucktheit“. Viel geändert hat sich bei den Herren aus Castrop-Rauxel nicht, aber man konnte sich des Eindruckes nicht erwehren, dass sie doch langsam erwachsen werden. Sie spalten die Szene nach wie vor. Das Infield vor der FEROX bekamen sie zwar noch nicht voll, ließen aber ihre Fans gehörig springen und tanzen.

Richtig voll wurde es auf der FEROX dann erst bei HATEBREED. Während viele die Pause zwischen diesen beiden Acts nutzten um auf der IMPERICON mit WE BUTTER THE BREAD WITH BUTTER abzufeiern, legte ich mal wieder eine Pause ein.

Um 22:45 Uhr war dann das Infield vor der FEROX STAGE voller als letztes Jahr bei den Headlinern. Auch auf den steinernen Terrassen war kaum eine Lücke zu sehen. Geschätzt waren es wohl knapp 10‘000. Die Metal-Hardcore-Band HATEBREED aus New York hat längst den Begriff „Legende“ verdient, gerade wegen ihrer Live-Acts. Das wollte sich dann auch kaum einer entgehen lassen. Unterstützt von Jastas Kampfgebrüll holt dann auch fast jeder Song des Sets zum entscheidenden Schlag aus. Zugute kommt der Band zudem, dass der Gesang, verglichen mit früher, wesentlich variabler war. Kein eintöniges Gebelle mehr, was sich an den Riffwellen absurft. HATEBRRED fegte alles an die Wand und hinterließ nichts als verbrannte Erde, im positiven Sinne. Nun hieß es nur noch warten auf den Headliner des Abends.

JUDAS PRIEST. Die Briten, neben IRON MAIDEN wohl die wichtigste Größe des Genres, ließen dann aber sehr lange auf sich warten. Was nun nicht unbedingt Schuld der Band war. Auf der FEROX STAGE, jetzt mit einem Vorhang verhüllt, gab es wohl offensichtlich Probleme. Ab und an kam ein Soundcheck aus den Boxen, aber sonst tat sich nichts. Als nach zwanzig Minuten immer noch nichts passierte, verließen gar die ersten Besucher frustriert das Infield, welches noch einmal voller war, als bei HATEBREED. Gut das werden nun keine ausgesprochenen JUDAS PRIEST Fans gewesen sein. Diese vertrieben sich derweil die Zeit mit „JUDAS PRIEST“-Rufen und als das auch nichts änderte, begann man halt „Eisgekühlter Bommerlunder“ zu singen. Endlich. Nach 25 Minuten wenigstens mal eine Ansage. „Technische Probleme“. Tatsächlich rückte dann auch umgehend eine Brigade mit Schutzhelmen an, und soweit wir das erkennen konnten, wurde wohl ein neues Kabel von der Bühne zum FOH verlegt. Genaueres brachten wir nicht in Erfahrung. Na ja, das leidige Thema Kommunikation. Kurz nach 23:00 Uhr fiel dann doch endlich der Vorhang und die Show konnte beginnen. Und es war eine gute Show. Das Bühnenbild war nun nicht gerade spektakulär, aber doch zumindest einer Headliner-Show angemessen. Der Sound ordentlich abgemischt. Einziger Wehrmutstropfen. JUDAS PRIEST – aber das war ja lange vorher bekannt – spielte nicht in Originalbesetzung. Glenn Tipton konnte auf Grund seiner Parkinson-Krankheit nicht mit auf Tour gehen.

Sneap und Faulkner machen an den Gitarren eine souveräne Figur. Sie hauten jede Menge starke Riffs und packende Soli heraus, die man in dieser Fülle noch nicht mal bei jüngeren Bands findet, die noch etwas mehr Tinte im Füller haben. Auch über Halfords Gesang gibt es nichts Negatives zu sagen. Der Metalgott hat im Rentenalter natürlich nicht mehr die stimmliche Bandbreite wie vor 30 oder 40 Jahren, fand aber die richtige Balance um durchgehend ein hohes Level zu halten. JUDAS PRIEST besann sich, wie auch schon auf ihrem letzten Album, auf alte Stärken und lieferte eine mehr als ordentliche Headliner-Show ab.

Durch die gut 40 Minuten Zeitverzögerung wurde dann natürlich die Knüppelnacht um die entsprechende Zeit nach hinten verschoben. Der Veranstalter machte nicht noch einmal den Fehler, beide Bühnen gleichzeitig bespielen zu lassen. Wir entschieden uns daher schweren Herzens auf CARDLE OF FILTH zu verzichten, die wir eigentlich noch auf dem Plan hatten und gerne gesehen hätten. Aber Samstag war ja auch noch ein Tag, und der würde nicht weniger anstrengend werden.

Judas Priest

Samstag

Leicht bewölkt war es am Samstag. Warm. In der Sonne schon wieder richtig heiß. Kein Wetter für mich. Also begann ich den Tag entspannt im V.I.P.-Zelt während sich meine Kollegin unbeirrbar auf den Weg zur METAL HAMMER machte, um JOHNNY DEATHSHADOW zu fotografieren. Die Hamburger mit ihrem unterhaltsamen Outfit haben sich einem bösen Mix aus Modern Metal und gotischem Elektro-Rock verschrieben.

Getränke im V.I.P.-Zelt um diese Uhrzeit? Fehlanzeige. Auch den Tischen sah man noch die V.I.P.-Party der vergangenen Nacht an. Man mochte nun nicht mal mehr sein Handy auf das klebrige etwas legen, was sich da auf dem Tisch breit machte. Da war ich dann auf Terrasse doch besser aufgehoben und konnte aus der Ferne das eigenwillige Bühnenbild von  MANOS bewundern. Ein Galgen, an einer Gitarre befestigt, an der eine Puppe hing. Ein Kunststück, mit diesen Ding überhaupt spielen zu können. Eine Rodelban (ohne H) auf der Bühne und Ost-Trash aus Querfurt. Ein unterhaltsamer Beginn. Natürlich vor sehr wenigen Leuten. Es war ja gerademal 14:00 Uhr. Aber auch ich musste los. Es half ja nichts. Auf zur IMPERICON und …

DRUNKEN SWALLOWS. Eingängiger Punkrock ist das Markenzeichen der Oldenburger, der aber die Härte ein wenig vermissen lässt. Aber bei DRUNKEN SWALLOWS kommt es wohl eh mehr auf das Feeling an. Da braucht es auch keine Wertigkeit der Kompositionen und deren Umsetzung. Sie helfen ihren Fans mit einer Portion Mut nicht den Kopf in den Sand zu stecken, und allein das ist wichtig. Und immerhin schafften sie es das Infield der IMPERICON schon mal zur Hälfte voll zu spielen.

PRO PAIN auf der FEROX ließ ich aus bekannten Hitzegründen sausen und widmete mich derweil im Schatten meiner eisgekühlten Apfelschorle. Im Gegensatz zum V.I.P.-Bereich konnte man auf dem Festivalgelände jederzeit ein Getränk oder etwas zu essen bekommen. Der Veranstalter hatte mit der Anzahl der Stände gut kalkuliert. Außer zu wirklichen Stoßzeiten musste man nie längere Wartezeiten in Kauf nehmen. Aber nächstes Jahr kommen mindesten 20‘000 statt der (geschätzten) 17‘000. Denkt daran. Weiter ging es um 15:55 Uhr auf der IMPERICON mit

BOOZE & GLORY. Dass die Londoner zur Elite der Oi! / Streetpunkszene zählen ist längst kein Geheimnis mehr. Schnell ins Ohr gehende Streetpunk-Hymnen sind ein Markenzeichen der Band und wurden auch dem FULL FORCE kräftig mitgesungen. BOOZE & GLORY hatten die IMPERICON voll im Griff und auf dem Infield wetteiferten der Moshpit mit den ersten noch vereinzelten Crowdsurfern. Ganz bis zum Schluss konnten wir nicht bleiben, denn um 16:30 Uhr hatte sich IN THIS MOMENT auf der FEROX STAGE angesagt.

Die Amerikaner um die charismatische Frontfrau Maria Brink warteten wie immer mit einem aufwendigen Bühnenbild und einem ausgefallenem Outfit auf. Das hatte allerdings zur Folge, dass sich die Show um einige Minuten nach hinten verschob, da der Umbau auf der Bühne doch etwas länger dauerte, als gedacht. Insgesamt blieb der dritte Festivaltag aber in seinem Zeitplan.

IN THIS MOMENT kam mit einem hochexplosiven Gebräu aus knalligen Metal, hypnotisch-schwirrendem Alternativrock und geheimnisvoll groovenden Voodoo-Blues daher. Für allzu große musikalische Innovationen war das Quintett aus Los Angeles trotzdem noch nie bekannt. Aber die Songs gingen ins Ohr und die markante Stimme von Maria Brink tat sein Übriges. Dass dabei auf der Bühne schon fast ein Theaterstück zelebriert wurde, ist ein weiteres Markenzeichen von IN THIS MOMENT. Wer auf spielerische Raffinesse verzichten konnte, war auf jeden Fall gut bedient. Und ja, wir sind auf einem Festival und nicht auf der Musikhochschule. Für mich war es eine gute Show. 

RISE OF THE NORTHSTAR zerlegten danach die IMPERICON so gründlich, wie man das erwarten konnte. Das nächste Abrisskommando stand auch bereits in den Startlöchern. 18:00 Uhr auf der FEROX:

EMMURE. Es war nicht zu erwarten, dass sich die Amerikaner lange mit irgendwelchem Geplänkel aufhalten würden. Sie legten auch sofort los mit ihrem Deathcore den man schon alleine am unvergleichbar überdrehten Gekreische von Frankie Palmeri erkannte. Kompromiss- und gnadenlos knallten EMMURE ihre Songs von der Bühne. Wie ein Schlag mitten ins Gesicht. Tut weh, hinterlässt vielleicht sogar einen Handabdruck, ist aber irgendwann verheilt und vergessen. Genau das Richtige, um sich einmal ordentlich abzureagieren. Überraschenderweise war das Infield nicht so voll, wie ich das erwartet hätte.

Lag das vielleicht an den Damen, die auf der METAL HAMMER kleine Schnapsfläschlein kostenlos verteilten. Mit irgendwas Grünem drin. MAMBO KURT hatte zwar keine Gäste mitgebracht, wohl aber besagte Damen. Die jaulende Weltraumorgel des Hageners schaffte es tatsächlich mehr Leute vor die METAL HAMMER zu bringen, als jede Band zuvor. Ein wirklich grausiger Kult, aber irgendwie gehört er halt dazu.

LIFE OF AGONY um zwanzig vor acht auf der FEROX STAGE wussten mich persönlich nicht ganz zu überzeugen, ganz im Gegensatz zu THY ART IS MURDER, 50 Minuten später wieder auf der IMPERICON.

Um es vorwegzunehmen, THY ART IS MURDER spielten eines der besten Sets des Festivals. Die Maschinen frisch geölt und mit voller Wucht ins altbekannte Fahrwasser. Will heißen: Gewohnt präzise und mit unglaublicher Durchschlagskraft frönten die Australier ihrer Mixtur aus Deathcore und massiven Breakdowns. Das typisch düstere Setting wurde von brutalen Vocals getragen. Und nebenbei haben sie in Beziehung Punch auch noch eine Schippe draufgelegt. Die Security kamen kaum noch hinterher um die ganzen Crowdsurfer in Empfang zu nehmen, und wer sich nicht auf Händen tragen lies, der fand sich in einem gewaltigen Moshpit wieder. Brutalität auf ganz, ganz hohem Level.

Auch SOUFLY die unmittelbar im Anschluss die FEROX bespielten, überzeugten auf der ganzen Linie. Die Amerikaner um Szene-Ikone Max Cavalera drückten mit Wucht das Infield quasi an die Wand. Düstere, beklemmende und mystische Interludes harmonierten wunderbar mit tiefschwarzen Riffs. Urige Riffgewalt ist ja seit jeher die Stärke von Max Cavalera. Dazu kam ein überzeugender Gesang. Rizzo konnte mit seinen Soli und Leads die Riffs immer wieder im richtigen Moment lockern, so dass das Set nie eintönig wurde. Und für was braucht man da noch philosophische Texte? SOUFLY 2018 ist so gut, wie schon lange nicht mehr.

Auf zum Endspurt. Wir hatten es mittlerweile kurz nach zehn und warteten gespannt auf ASKING ALEXANDRIA auf der IMPERICON.

Wer einen 08/15-Metalcore-Relase von den Engländern erwartet hatte, wurde enttäuscht. Ja es ist sogar zu befürchten, dass sich eingefleischte Metalcore-Elitisten ganz von der Band abwenden. Denn brutale Screams waren nur noch selten zu hören und strahlten auch nicht mehr diese Metalcore-typische Aggressivität aus. Dafür variierte Worsnop seinen Cleangesang und nahm auch höhere Töne in Angriff, ohne in das bekannte Klischeegeheule zu verfallen. Der Energielevel auf der Bühne blieb trotz alledem zu 100% erhalten. Spannende Drum-Files und Gitarrensoli gepaart mit der reiferen Stimme Worsnops kreierten einen neuen Sound der zwar Anfangs etwas gewöhnungsbedürftig, dafür aber alles andere als schlecht war. ASKING ALEXANDRIA ist wohl auf dem Weg zu neuen Ufern.

23:00 Uhr war es dann Zeit für den Samstag-Headliner. Auch wenn PARKWAY DRIVE in den Medien für ihr letztes Album mit Lobeshymnen überschüttete wurden, so war ich doch skeptisch, ob sie diese Rolle auch würden ausfüllen können. Natürlich haben die Australier auch in der Vergangenheit schon Headliner-Shows gespielt, aber das hier war immerhin ein Jubiläumsfestival und da erwartet man irgendwie schon was ganz Besonderes. Die Erwartungen wurden nicht enttäuscht und ich persönlich werde PARKWAY DRIVE als Headliner nie wieder in Frage stellen.

Die Australier galten lange Zeit als Vorreiter des Metalcore in ihrem Land. Doch schon im Vorfeld ihrer neuen Platte verkündeten sie, dem Metalcore nun endgültig entwachsen zu sein. So verwunderte es nicht, dass die Headliner-Show auf der FEROX wesentlich innovativer war, als noch in der Vergangenheit. Schon nach den ersten Minuten war klar: PARKWAY DRIVE verleugnen ihr Wurzeln keineswegs, bringen es aber fertig ohne die klassischen Strukturen des Metalcore noch immer ein absolutes Brett zu präsentieren. Ein wenig entschleunigt, etwas melodiöser und trotzdem immer nach vorne treibend. Auch bei  Winston McCall sind die Screams eindeutig in den Hintergrund gerückt, und seine „natürliche“ Stimme erreichte einen beachtlichen Stimmumfang, den ihm wohl die Wenigsten zugetraut hätten. Der neue Metal von PARKWAY DRIVE ist etwas leichter zugänglich als bisher, aber auch die Core-Elemente sind selbstredend nicht ganz abhandengekommen. Der Weg nach ganz oben scheint für die Australier vorgezeichnet.

Hinzu kam eine gewaltige Bühnenshow, die zwar RAMMSTEIN nicht gleich vor Neid hätte erblassen lassen, die aber schon nahe dran war, am Krösus der Szene. Allein das Bühnenbild machte einiges her, auch wenn ich mir bis zum vorletzten Titel nicht erklären konnte, warum das Drum-Set nun in einem Käfig stand. Mit Pyrotechnik wurde nicht gespart, Feuer und Rauch allenthalben und zur Krönung setzte PARKWAY DRIVE mit dem letzten Titel fast die gesamte Bühne in Brand. Inklusive des besagten Käfigs. Und dieser, man glaubte seinen Augen kaum zu trauen, begann zu rotieren, so dass Ben Gordon kurzeitig gar über Kopf stehend die Felle mit seinen Sticks bearbeitete. Wie er das gemacht hat, muss er mir unbedingt mal verraten. Ein kleines Feuerwerkchen beendete die Headliner-Show von PARKWAY DRIVE, die zweifelsohne zu den besten gehörte, die ich in den letzten Jahren auf dem FULL FORCE erleben durfte.

Damit aber war das Festival noch lange nicht vorbei. Ein nicht ganz unkluger Schachzug der Veranstalter war es, zur Geburtstagssause noch eine der besten Live-Bands Deutschlands zu laden. Die BEATSTEAKS verwandelten ab 00:30 Uhr die IMPERICON in ein Partyzelt. Nun weiß jeder, dass die Berliner alles andere als Metal spielen, aber das tat der Stimmung keinen Abbruch, ganz im Gegenteil.

Schade, dass alles in allem dann der letzte Act des Festivals auf der FEROX STAGE nahezu unterging. APOCALYPTICA kredenzten mit ihren 4 Cellos und einem styligen Drumset ihre METALLICA-Performance. Vielleicht wäre es besser gewesen, APOCALYPTICA im Line Up vor den Beatsteaks zu platzieren. So hätten die PARKWAY DRIFE – Geflashten noch ein wenig – ausdrücklich in Anführungsstrichen gesetzt – „Ruhe“ (denn ruhig geht es ja nun bei APOCALYPTICA nun auch nicht wirklich zu), um dann mit den BEATSTEAKS zum letzten Rundumschlag auszuholen. Aber das bleibt spekulativ … und überhaupt, hinterher ist man ja immer schlauer.

Parkway Drive

Fazit

Das WITH FULL FORCE hat 2018 zum XXV. Jubiläum einen großen Schritt nach vorn gemacht. Zwar schlug sich das dieses Jahr noch nicht in den Besucherzahlen wieder, aber wir sind sicher, wenn die Veranstalter 2019 ein akzeptables Line Up auf die Beine gestellt bekommen, wird die 20‘000er Marke wieder fallen.

Kritik aus dem letzten Jahr wurde angegangen und zum Teil auch umgesetzt. Die Camps waren gemäht, das grausige Braustolz ist verschwunden, die FEROX STAGE und die IMPERICON HARDBOWL STAGE wurden nicht mehr parallel bespielt. Dass immer noch ein großes Kommunikationsproblem zwischen Veranstaltern und Besuchern und auch zwischen Veranstaltern und den eigenen Security besteht, haben wir schon mehrfach angesprochen. Daran muss das FULL FORCE dringend arbeiten. Genauso wie es nötig ist, an den Arbeitsbedingungen der Presse zu arbeiten. Schon während des Festivals Berichte, Bilder und Videos in die sozialen Netzwerke zu schicken, geht quasi nur über Handy. Das kann ja wohl nicht der Qualitätsanspruch sein.

Die Organisation des Festivals war perfekt. Die Zeitpläne wurden eingehalten, technische Probleme gab es nur einmal (vor JUDAS PRIEST), aber bei einem Festival dieser Größenordnung kann das passieren. Das Problem wurde dann ja auch relativ schnell gelöst. Wenn tatsächlich – wie vermutet – ein neues Kabel gelegt werden musste, ist eine gute halbe Stunde wirklich eine nicht allzu lange Zeit. Für das leibliche Wohl inklusive Getränke war im ausreichenden Maße gesorgt. Dass Preise und Qualität stark variierten mag zum Gut Teil daran gelegen haben, dass die Betreiber von FERROPLOLIS dem WITH FULL FORCE Kompromisse aufgezwungen haben, die auch den Veranstaltern schwer im Magen gelegen haben mögen. Trotzdem, auch da sollte man versuchen zu schrauben.

Wenig Kritik hörte man über die sanitären Anlagen. Ein paar DIXI mehr dürfen es wohl sein und auch die Sauberkeit ließ bisweilen zu wünschen übrig. Aber hey, wir sind auf einem METAL-FESTIVAL.

Man hatte das Gefühl, dass die Community wieder  enger zusammen gerückt ist und dass das neue Festivalgelände im 2. Jahr auch endlich vom Großteil der Besucher angenommen wurde. Das Infield vor den Bühnen war wesentlich voller als im letzten Jahr und die Wahnsinns-Kulisse konnte sicher auch noch den einen oder anderen Zweifler überzeugen.

Hinzu kommen die immer hilfsbereiten und freundlichen Security. Selbst wenn sie mal nicht helfen konnten, blieben sie höflich und hatten trotz argen Stress mit Unmassen an Crowdsurfern immer ein Lächeln auf den Lippen. 

Wir freuen uns auf das nächste Jahr und sagen DANKE!

Das WFF im TV

In diesem Jahr übertrug das erste Mal ARTE CONCERT live vom WITH FULL FORCE. Leider konnten wir keine weiteren Sendetermine in Erfahrung bringen. Die LIVE-STREAMS sind bei ARTE CONCERT [Opens external link in new windowHIER] noch bis zum 16.07.2018 verfügbar.