SUNRISE AVENUE - Live with Wonderland Orchestra 2016
Am Dienstag traf ich eine kurzfristige Entscheidung. Gegen 13:00 Uhr tauchte die Frage auf, ob ich denn am Abend Lust hätte ins Velodrom zu gehen. SUNRISE AVENUE spielt mit Orchester.
Die skandinavische Band sagte mir was. Ich erinnerte mich auch an den Namen Samu Haber. Er war als Juror bei der Show „The Voice of Germany“ dabei. Ich entschied mich dafür und wurde gegen 19:00 vom Büro abgeholt.
Kurze Zeit darauf das Problem mit den Parkplätzen. Da wird im Jahr 1997 ein großes Konzerthaus in Berlin eröffnet, aber Parkplätze gibt es nicht. Wozu auch? Nach ewigem Kreiseln dann doch angekommen und direkt am Eingang von den Securities auch noch eine Etage tiefer geschickt worden, was natürlich falsch war. Also Treppe wieder hoch, Pressestelle gefunden und schließlich konnte der Konzertabend beginnen.
Gegen 20:00 Uhr war bereits Livemusik in den Gängen des Velodroms zu hören. Auf dem Vorhang, der noch den größten Teil der Bühne verdeckte, prangte das Logo von NIILA, die früher als geplant begonnen hatten. Die Band um Sänger Niila Arajuuris versüßte mit ihren folk-poppigen Songs dem Publikum die Zeit bis zum eigentlichen Showact des Abends. Die Finnen begeisterten mit ihrem Debütalbum „Gratitude“ (VÖ: 14.03.2016). Beim Hit „Restless Heart“ riss es so einige Fans von den Stühlen. Das gesamte Velodrom war übrigens bestuhlt, auch die Arena. Gegen 20.30 Uhr wurden die fünf Jungs gebührend verabschiedet. Das Licht ging an und die Arena leerte sich. Umbaupause.
Punkt 21:00 Uhr ging das Licht in der Arena wieder aus. Die Bühne erstrahlte im violetten Licht, schmeichelnde Orchestertöne waren zu hören und die Stimme von Frontmann Samu Haber erklang im Schattenspiel. SUNRISE AVENUE gab sich die Ehre.
Nach der ersten Strophe von „Wonderland“ wurde der Theatervorhang nach oben gezogen, und Samu sang mittig, auf Höhe des Orchesters, mit umgeschnallter Gitarre. Leider verdeckte mir die riesige Lautsprecheranlage an der Decke die Sicht auf die mittlere Bühnenleinwand. Der smarte Beginn, die ersten leisen Töne, steigerten sich zu einem musikalischen Feuerwerk aus dem Zusammenspiel von Orchester, Gitarre und Bass. „Wonderland“ vom ersten Studioalbum „On The Way To Wonderland“ (2006) war ein gelungener Auftakt.
„Little Bit Love“; Samu, so liebevoll von seinen Fans genannt, tritt nach vorne. Die Fans in der Arena stehen auf, ein kurzes: „Die Hände hoch, Berlin!“, und schon hatte er sein Publikum für sich gewonnen. Samu freute sich: „It looks good!“. Er begrüße alle im Velodrom: „Guten Nabend Berlin! Wir sind Sunrise Avenue aus Finnland, und spielen heute mit dem Wonderland Orchestra.“
Gut gelaunt ging es weiter im Programm mit “You by my side I can shine. I'm complete, I'm divine. You next to me I believe. We can make it 'til the end.”, aus dem Song “Rising Sun”.
Als die ersten Töne von „Kiss Goodbye“ erklingen, gehen die Fans sofort mit. Samu war „nackt“, was nichts anderes heißen soll, als dass er ohne Gitarre über die Bühne sprang, lässig im grauen T-Shirt. Aus Richtung Bühnenleinwand kommt plötzlich ein Schellenkranz an den vorderen Bühnenrand geflogen, den Samu mit einer Leichtigkeit fängt und ihn am Ende seinen Fans in der ersten Reihe zuwirft.
Besonders positiv fiel mir an diesem Abend die Inszenierung von „Forever Yours“ auf, eine unglaublich schöne Einbindung des Orchesters. Vom Text habe ich leider nichts verstanden, das war aber der coolen psychedelischen Umsetzung geschuldet. Glanzleistung! Kompliment!
Erst in diesem Moment hörte ich den Schlagezuger. Sein Set war direkt an der Bühnenleinwand mittig, zwischen dem Orchester platziert. Das Velodrom ist doch recht groß, und auf so weiter Entfernung ist nicht gleich alles sichtbar.
„Lifesaver“ wurde von den ca. 6.000 Fans im Velodrom gefeiert. Alle kannten den Song. Samu fragte kurz: „Berlin, you are ready to sing with us?”, und alle sangen “Wohohohohooo”. Auch in den Rängen erhob man sich von den kleinen Sitzen. Vielleicht, so dachte ich in dem Moment, hätte der Song ohne Orchester seine Wirkung sogar besser entfaltet.
Danach wurde es ruhiger. Im Scheinwerferlicht gab Riku Rajamaa ein „gestandenes“ Gitarrensolo zum Besten. Kurz darauf setzte sich Samu mit dem Gitarristen und sang: „I just have no one to sail with me”. Eine Geige umschmeichelte die Beiden, und in dem Moment hat sich wohl jeder treiben lassen.
Weiter im Set.
Trampelnd im Takt, fast irisch. An vorderster Front wurde gestampft - direkt am Bühnenrand. Ich dachte in dem Moment nur, „Samu fall mir bloß nicht runter“. Er bespielte seine Gitarre und hatte sichtlich Spaß dabei. Das Velodrom bebte im Sound von „I Can Break Your Heart“. Danach fragte Samu: “Everybody okay? People in Berlin are very very cool! Here is one of the oldest Songs “Something Sweet”.
Später erkundigte sich der Sunrise Avenue-Frontmann nach “Single Boys” und “Single Girls”. Von den Jungs gab es angeblich nur sehr wenige im Velodrom, scheinbar maximal zwei, und von den Mädels kamen unendlich viele Rückmeldungen. Ob diese es auf den Frontmann abgesehen hatten?
Danach wurde es laut im Velodrom. Das Orchester bewegte sich im Rhythmus, wie so oft an diesem Abend. Es folgte ein Keyboardsolo und ein Saxophonist kam bei „Somebody Will Find You“ zum Einsatz. Für mich war am Ende dieser Song leider etwas überladen. Aber das ist und bleibt wohl Geschmackssache.
Inzwischen war es 22:00 Uhr geworden. Ich dachte so bei mir, dass jetzt wahrscheinlich die Hälfte des Konzertes um ist. Irrtum!
Samu schickte seiner Plattenfirma ein „Big Love“ und spielte den brandneuen Titel „Nothing is Over“. Die Setliste bestand sonst aus vielen Songs vom Best-of-Album „Fairytales – Best of 2006 – 2014”.
Um 22:10 Uhr wurde der Vorhang geschlossen und das Licht auf der Bühne verdunkelte sich.
Nanu? Was jetzt?
Plötzlich ging im hinteren Bereich der Arena, hinter dem FOH, das Licht wieder an. Auf einem kleinen Podest hatten sich die Musiker von SUNRISE AVENUE versammelt. Mit „Hurtsville“ starteten sie ihr kleines Akustikset. Der Cellist Osmo Ikonen (auch Key und Git) sorgte für den nötigen Tiefgang. Ich war sehr beeindruckt. „Unholy Ground“ (vom gleichnamigen 2013er Studioalbum) wurde zu einer sehr coolen akustischen Rocknummer. Das 10-minütige Akustikset war ein absolutes Highlight des Abends.
Während die Band den Weg mitten durch ihre Fans zum hinteren Ausgang der Arena nahm, hebt sich bereits wieder der große Vorhang auf der Hauptbühne. Das Orchester spielte eine Art Marsch, mittendrin hatte ein Trompeter seinen großen Auftritt. SUNRISE AVENUE gesellte sich hinzu und brachte alle Anwesenden mit „Funkytown“ in Schwung. Osmo Ikonen glänzte mit einer kurzen Rapeinlage. Das Orchester fiedelte im Akkord. Mal was ganz anderes, hatte etwas. Die Fans waren begeistert.
Weitere lebhafte Songs und Balladen, wie „Out Of Tune“, „Girl Like You“, „Sweet Symphony“, sowie “I Don`t Dance” fanden den Weg auf die Setlist.
Den Titel “Welcome To My Life” widmete Samu einem besonderen Mädchen und ihrem Kampf im Krankenhaus. Sehr emotional.
Laut singende Fans waren dann wieder bei „Fairytale Gone Bad“ zu erleben. Ein Wink von Samu genügte und schon waren alle Hände oben. Sehr hübsch anzuschauen! Die Party im Velodrom nahm ihren Lauf und die Fans grölten den Refrain.
War das der krönende Abschluss? War es wirklich das Ende, wie es am Anfang im Lied heißt „This ist the End, you know“?! Um 23:15 Uhr hätte es so sein können. Mit salutiertem Gruß (anlegen der gestreckten Finger an die Schläfe) verschwand Samu Haber von der Bühne, und der Vorhang schloss sich.
Kurz darauf allerdings spielte Osmo Ikonen auf seinen Tasten doch noch zwei Stücke. Dieser kurze Ausflug verlängerte den Abend leider nur unnötig, obwohl er sicherlich sein Handwerk beherrscht. Es waren schließlich schon mehr als zwei Stunden vergangen.
Aber ein Hit fehlte doch noch. Samu kam mit Gitarre zurück auf die Bühne: „Vielen Dank Berlin!“
Zum Finale ertönte „Hollywood Hills“.
„Ich werde euch vermissen, wo auch immer ich hingehe.
Ich werde zurückkommen, um wieder diese Straßen entlang zu gehen.
Erinnert euch daran, dass wir zusammen Spaß hatten.“
Um 23:23 Uhr wurde das Konzert beendet.
Samu Haber steht mitten im Leben. Er wirkt jung und frisch, so kurz vor seinem 40. Geburtstag. Die vier Skandinavier hinterließen insgesamt einen sympathischen Eindruck. Die Umsetzung mit Orchester funktionierte sehr gut. Der Sound war Klasse gemischt und die Licht- und Bühnenshow ließ kaum Wünsche offen.
Übrigens wollen die Finnen nach der Tour wieder ins Studio gehen, um eine neue Platte aufzunehmen. Wir freuen uns darauf.
Vielen Dank an Petra Herz, die uns als Gastautorin diesen Bericht schrieb.
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