Ritchie Blackmore's Rainbow - Berlin

RITCHIE BLACKMORE (c) 2018 by lady-metal.com

Nein, er hat nicht mit seiner Gitarre auf eine Kamera eingeschlagen und er hat auch nicht einen seiner Marshall-Türme in Brand setzen lassen. (So geschehen 1974 mit Deep Purple). Mit 73 Jahren ist auch Ausnahme-Gitarrist RITCHIE BLACKMORE im ruhigeren Fahrwasser angekommen.

Am Mittwoch (18.04.2018) gab BLACKMORE mit RAINBOW im Rahmen seiner „Memories in Rock“-Tour sein einziges Deutschland-Konzert 2018 im Berliner Velodrom. Ganz ausverkauft war die Location leider nicht, ob es nun an den Kartenpreisen (ab ca. 80 Euro), am Mittwoch an sich oder an sonst irgendwelchen Gründen gelegen haben mag, man hätte meinen sollen, dass, wenn sich einer der besten 50 Gitarristen der Welt die Ehre gibt, die Hütte rappelvoll ist. Gut besucht war das Konzert ganz sicher, aber es gab tatsächlich noch Karten an der Abendkasse.

Begonnen hat dann der Abend mit einem einzigen Chaos. Der Support war eigentlich auf 20:00 Uhr angesetzt, wurde aber vorverlegt, weil BLACKMORE’S RAINBOW 20:30 Uhr statt 21:00 Uhr beginnen wollten. Somit begannen „THE LORDS“ ihren Support-Act entsprechend früher und vor fast leeren Rängen. Leider habe ich persönlich davon nicht allzu viel mitbekommen, da ich natürlich erst zu 20:00 Uhr in der Halle ankam. Da hatte die wohl dienstälteste Rockband Deutschlands ihr Set schon nahezu beendet. Um doch noch zu ein paar Fotos zu kommen, lotste uns der Veranstalter schnell zum Graben, nur um den Fotografen dann mitteilen zu müssen, dass das Fotografieren nur noch aus dem Publikum möglich sei. Ähmmm ja. „THR LORDS“ aus dem Publikum. Man mag mir nachsehen, dass ich mir das nicht angetan habe.

Damit aber war das Possenspiel noch lange nicht beendet. Denn mittlerweile hieß es, dass der Haupt-Act nun doch erst 21:00 Uhr beginnen würde. Kurzerhand schickte man THE LORDS noch einmal auf die Bühne. Die waren ob des Hin und Her sichtlich überfordert, da ihre Set-List eine solche „Zugabe“ nun mal nicht hergab und retteten sich letztlich in „Glory, Glory Hallelujah“.  Tatsächlich wusste ich nicht, ob ich jetzt  lachen oder weinen sollte.

Fast eine Stunde dauerte es hernach, bis RITCHIE BLACKMORE mit RAINBOW endlich die Bühne betrat. Als BLACKMORE 2016 RAINBOW reanimierte, gab es harsche Kritik an der Besetzung, da nicht ein einziges ehemaliges Band-Mitglied zu den „Auserwählten“ gehörte. Diese Diskussion an dieser Stelle fortzusetzen ist müßig, zumal es bei den neuen „RAINBOW‘S“ mittlerweile runder läuft, als noch vor zwei Jahren. Trotzdem ist nicht zu übersehen, dass es insbesondere Ronnie Romero am Gesang schwer fällt, das Publikum zu animieren. Ganz anders RITCHIE BLACKMORE selbst, der das Konzert mit einem Kniefall vor und Shake Hands mit seinem Publikum beginnt.

Mit  "Spotlight Kid" und "I Surrender" wird dann das Set von BLACKMORE’S RAINBOW eröffnet. Typisch: der gelangweilt-wirkende Blick des Meisters, der seinem virtuosen Gitarrenspiel aber keinen Abbruch tut. Natürlich. Mit über 70 ist man nicht mehr ganz so schnell, nicht mehr ganz so dynamisch an den Saiten. Aber immer noch Weltklasse.

Etwas müde wirkte „Soldier Of Fortune“ bei der BLACKOMORE zur Akustik-Gitarre griff. Das wurde aber umgehend mit den darauffolgenden „Black Night“ revidiert. Allerdings gefielen hier dem Tonmann die Riffs wohl so gut, dass er die Gitarre so weit nach oben schraubte, dass man weder vom Gesang noch vom Keyboard wirklich etwas mitbekam. Die Fans allerdings schien das nicht weiter zu stören, sie sangen lauthals mit. Laut genug, dass die Band gar die Bühne verlassen konnte und erst nach einer Minute wieder einstieg. War die Stimmung bis dato doch eher lau (natürlich wurde der Meister bei seinen Solos mehrmals mit Szenenapplaus bedacht), war man jetzt endlich angekommen. Vergessen das unartikulierte Gekreische der Fans, bei den ersten Versuchen Ronnie Romeros, das Publikum zum Mitsingen zu bewegen.

Doch weil wir gerade beim Ton waren, der Sound konnte während des ganzen Konzertes nicht wirklich überzeugen. Da wäre ganz sicher noch Luft nach oben gewesen. Die Lichtshow dagegen wusste insgesamt zu überzeugen.
Die Screens hinter der Bühne warteten mal mit überdimensionalen grünen Augen auf, mal mit Grafiken von Regenbögen und Universen, mal einfach nur mit irgendwelchen abstrakten Formen. Na ja.

Jens Johansson an den Keyboards bekommt ebenso Raum für sein Solo (für meinen Geschmack allerdings viel zu lang) wie Bob Nouveau am Bass. Bei "Long Live Rock'n'Roll" hat es Romero dann endlich auch geschafft und bekommt die volle Unterstützung des Publikums.

„Smoke On The Water“ und „Burn“ am Ende der Setlist entpuppen sich leider wieder als Enttäuschung. Ich hatte die Ehre DEEP PURPLE vor zwei Jahren in Berlin live zu erleben. Was diese an Feuer und Leidenschaft in die beiden Songs legten, konnte RAINBOW nicht ansatzweise auf die Bühne bringen. Insgesamt ein doch eher durchwachsenes Konzert mit einem Stargitarristen, der dennoch über jede Kritik erhaben ist. Nicht mehr ganz so schnell und virtuos wie früher, aber immer noch ein unbedingtes MUSS für jeden Fan. Und auch wenn es Romero am Gesang schwer hatte mit dem Publikum warm zu werden, mich jedenfalls konnte er überzeugen.

Was noch?
BLACKMORE meinte vor der Tour, dass es zukünftig mehr RAINBOW-Songs in der Set-List geben würde, da er die Erfahrung gemacht hätte, dass die Leute eher diese, denn DEEP PURPLE-Songs hören wollen. Davon war in Berlin allerdings nicht viel zu merken. Und wenn es nach über 20 Jahren einen neuen RAINBOW-Song „Waiting For A Sign" gibt, und dieser live nicht gespielt wird, dann bleibt die Frage nach dem „WARUM?“
 
Bericht & Fotos: Jens

Fotos: Jens