Hardy schreibt mit Daniel

Mit der Behauptung Mozart gehöre zu den Urvätern des pure fucking Metal, scheint man sich spätestens seit dem Auftreten IN LEGENDs gar nicht mehr allzu weit aus dem Fenster zu lehnen. Wir haben das große Vergnügen mit Daniel Schmidle nun den Mann mit den Tastenhänden befragen zu dürfen. Lest was er zu berichten hat oder schweigt für immer!

Hardy: Hallo Daniel, im Namen von "Lady-Metal.com" möchte ich mich herzlich für deine Zeit bedanken. Halt, warte mal! Das klingt für den Metal-Sektor viel zu höflich. Ich probiere es nochmal: Ähm... Jo, was geh't Bro?

Daniel: Alles was Beine hat, keine Tische und Stühle aber die Uhr. Das war dann doch zu viel Wortspiel..
Ich versuch´s auch nochmal:
Ähm.. Slayer aus den Lautsprechern, Killernieten und kaltes, Bier aus Bayern.

Hardy: Ihr habt vor kurzem erst euer neues Album "Stones at Goliath" veröffentlicht. Hierzu möchte ich dir zunächst einmal meinen Glückwünsch aussprechen. Soweit mir bekannt ist, habt ihr das Album durch Crowdfounding finanziert. Was hat euch zu dieser Entscheidung bewogen?

Daniel: Ja das stimmt "Stones At Goliath" ist am 9. Januar erschienen, nach einer recht langen Durststrecke, muss man sagen. Das mit dem Crowd-Founding ist auch fast richtig, allerdings ging es in der Kampagne vor allem um die Finanzierung der Produktion: Pressung, GEMA Kosten, Design von Booklet etc. und Druck.

Die Produktion des Albums haben wir selbst vorfinanziert, das Geld mit einer solchen Kampagne wieder rein zu bekommen wäre utopisch gewesen. Über die zwei Jahre, die wir immer wieder im Studio waren, hat sich in der Produktion der Gegenwert eines schicken Neuwagens manifestiert.
Aber die Kampagne war tatsächlich ein unfassbarer Erfolg und wir kamen am Schluss auf fast 400% des angedachten Ziels.

Hardy: Metal mit einem Piano als Lead-Instrument, klingt komisch ist aber so! Wie werdet ihr von der Szene aufgenommen, wenn ihr ohne Gitarre auf die Bühne kommt? Merken viele neue Hörer vielleicht gar nicht auf Anhieb was bei euch anders ist oder halten euch manche Oldschooler beim Betreten der Bühne auch mal für die Techniker?

Daniel: Da hatten wir schon sehr lustige Geschichten zu dem Thema. Bei den Youtube Kommentaren zu Pandemonium wurde sich zu Beispiel darüber beschwert dass die Gitarren so leise gemischt sind. In Wahrheit sind sie ja sogar so leise gemischt, dass sie gar nicht erst aufgenommen wurden.
Regelmäßig wird auch Paul, unser Bassist, für den Gitarristen gehalten.

Aber klar haben wir im Sounddesign natürlich versucht eine rockige Nummer aus dem ganzen zu machen, was natürlich bei Klavier gar nicht so einfach ist: da muss alles sehr sauber sein denn so ein definierter Ton verzeiht nicht so schnell wie eine geschrubbelte E-Gitarre.
Das wichtigste für unsere Musik ist aber tatsächlich Unvoreingenommenheit: Leute die nach den Shows zu uns kommen und sagen "Hey krass ich konnte und wollte mir nichts darunter vorstellen aber eure Musik rockt. Egal ob mit Gitarren oder ohne."

Hardy: Ich habe in meiner Rezension zu "Stones at Goliath" schon verraten, dass es mir euer aktueller Pressetext besonders angetan hat. Spannend finde ich jedoch, dass dort auch ein Oscar Wilde Zitat zu finden ist, nämlich „Reisen veredelt den Geist und räumt mit unseren Vorurteilen auf“. Tatsächlich habe ich auch ein paar Worte des allmächtigen Sprücheklopfers parat: "Das Durchschnittliche gibt der Welt ihren Bestand, das Außergewöhnliche ihren Wert." In diesem Sinne frage ich dich, was ist bei eurem zweiten Album gleich geblieben und an welchen Stellen wolltet ihr das Rad neu erfinden?

Daniel: Was wahrscheinlich das Wichtigste war und mitunter auch der Grund dafür, dass wir finanziell ständig mit einem Bein im Knast stehen ist, dass Basti sich bei der Komposition keine Grenzen gesetzt hat. Das bedeutet zum Beispiel, dass schon auf der ersten Demo zu der neuen Platte Streicher und verschiedene Chöre zum Einsatz kommen. Diese Teile wollten wir dann aber auch wirklich aufnehmen und nicht nur, wie es ja leider oft gemacht wird, durch Computer Plug-Ins simulieren.

Das Resultat war dann eben dass wir einen Cellisten (den Benni von der "Letzen Instanz"), eine Violinistin und Bratschistin, einen Männerchor mit den Jungs von "Van Canto" und "Orden Ogan", einen Gospelchor (die "Colours of Gospel" aus Mainz) und einen Kinderchor zusätzlich zu unserer bestehenden Besetzung aufgenommen haben.

Hardy: Wenn ich euren Werdegang richtig verfolgt habe, gab es seit der ersten EP "Pandemonium" einen regen Besetzungswechsel. Dürfen sich die Fans eurer Musik die Namen der aktuellen Besetzung merken oder sollten sie lieber gegen ihren Autismus ankämpfen und sich auf neue Gesichter gefasst machen?

Daniel: Naja also "rege" finde ich jetzt schon ein bisschen übertrieben, während der Produktion von "Stones At Goliath" haben Dennis, unser damaliger Drummer und Daniel, der Basser INLEGEND verlassen. Allerdings gab es keine Streitereien oder böses Blut. Die beiden wurden dann durch Paul (Bass) und Marcos (Drums) ersetzt. Obwohl natürlich "ersetzten" immer einen faden Beigeschmack hat, denn ein guter Musiker (das waren Daniel und Dennis zu hundert Prozent) ist nicht einfach so zu "ersetzen", wir haben den Besetzungswechsel dann aber auch eher als Neuanfang und Chance gesehen. Neue Freunde - Neues Glück.

Hardy: Ich kann mir das nur schwer vorstellen. Ihr habt ein neues Album fertig gestellt und das Material inzwischen auch live schon unter die Menschen gebracht. Was fängst du nun mit der ganzen Zeit und Energie an, die plötzlich wieder zur Verfügung steht? Weltretten, zum Mond fliegen oder doch lieber dein Business-Englisch auffrischen?

Daniel: Das mit dem Weltretten versuchen wir natürlich auch schon sehr eifrig aber, gerade arbeiten wir um bald wieder ins Studio gehen zu können und ich schließe gerade in München mein Studium der Physik ab.

Hardy: Ich glaube, ich habe dich nun genug über euren neuen Silberling ausgefragt. Jetzt brennen mir natürlich noch andere Fragen unter den Nägeln (ja, ich denke auch das spricht für ein entzündetes Nagelbett). Wie zur Hölle seid ihr z.B. auf eure Steam-Punk-Elemente gekommen? Untermalt dieser Stil einfach nur gut eure Musik oder spielt ihr in eurer Freizeit auch gerne mal Mutant Chronicles, während ihr euch alte Filme von David Lynch anseht?

Daniel: Puuh also da bin ich natürlich nur so halb der richtige Ansprechpartner, denn als ich zu INLEGEND gestoßen bin (2011) waren die Bühnenteile schon gebaut. Das Design stammt von Benjamin Kiesewetter, ein guter Freund von Bastian (dessen Kunstwerke man hier betrachten kann: www.noviquitaeten.de/index.php).

Allerdings sind wir mit dem neuen Design wieder etwas von dieser ganzen "Steampunk" Optik weggegangen, inzwischen zieren ja zwei große Adler, die auch als Keyboardständer tätig sind, unsere Bühne.
Aber ganz davon abgesehen habe ich hunderte von Stunden mit allen Teilen Fallout verbracht und bin ein sehr großer Fan von David Lynch und Terry Gilliam.

Hardy: Wenn du uns drei Punkte nennen müsstest, die eindeutig dafür sprechen IN LEGEND Fan zu werden, abgesehen von eurer musikalischen Leistung, welche wären das?

Daniel:

Commitment: Kein Weg ist uns zu steil oder steinig für eine Chance unsere Kunst nach Außen zu tragen. Ich glaube es gibt z.B. keine Band mehr heutzutage die für ein einziges Album fünf professionelle Musikvideos dreht (drei sind schon veröffentlicht, zwei kommen noch).

Authentizität: Wir versuchen nicht dem klassischen Weg eines Post-Demokratischem, höchst kapitalistischen Industriezweiges zu folgen. Wir wollen zwischen uns und den Fans nicht noch zwanzig Mittelmänner haben und nicht für eine große Firma Musik machen, sondern für die Leute denen die Musik auch wirklich etwas bedeutet. Deshalb haben wir auch die Crowd-Founding-Kampagne als Finanzierungsweg gewählt, deshalb verkaufen wir Fairtrade-Shirts und keinen Merchandise der in Bangladesch von Kindern produziert wird und deshalb haben wir unser letztes Video "Empty Place" auch zusammen mit Sea Shepherd gemacht und nicht mit irgendeinem Energy-Drink-Hersteller.

Community: Unsere Legenden da draußen sind unfassbar gut vernetzt. Über die Jahre haben sich durch unsere Fangruppen viele Freundschaften und auch die ein oder andere langjährige Beziehung ergeben. Egal ob Fans aus den USA, aus Schweden oder Finnland, aus Deutschland, der Schweiz oder Österreich irgendwie, unsere Musik scheint zu verbinden. Es ist wirklich großartig zu sehen wie sich Fans zusammen schließen um es anderen Fans zu ermöglichen über hunderte von Kilometern zu einem Konzert von uns zu kommen.

Hardy: Mir ist aufgefallen, dass ihr den Namen IN LEGEND inzwischen ziemlich stark zelebriert. Man könnte auch sagen, ihr habt euren Namen zum Programm gemacht. So ruft ihr auf eurer Website sogar dazu auf, euer Album zu bestellen und Teil dieser Legende zu werden. Wie seid ihr denn eigentlich auf die Idee zu diesem Namen gekommen und welche Rolle spielen Legenden tatsächlich für euch?

Daniel: Die Band ist ja eigentlich aus einem "Projekt" heraus entstanden das Basti schon lange vor den Aufnahmen zu der ersten EP 2010 durch den Kopf gegeistert ist, deshalb kann ich zu der Namensfindung an sich nicht allzuviel sagen, ein bisschen Geheimnis kann ja auch bleiben.

Hardy: In der Literaturwissenschaft gibt es die These, dass sich jeder neue Text immer aus bereits vorhandenen Einflüssen zusammensetzt, die (lediglich) neu angeordnet werden. Was man von dieser Theorie halten möchte, bleibt jedem selbst überlassen. Es steht, meiner Ansicht nach, jedoch außer Frage, dass kein Mensch und auch keine Band ohne Vorbilder durchs Leben gehen. Bei wem handelt es sich um deine musikalischen Idole?

Daniel: Also die musikalischen Vorbilder für unsere Musik sind definitiv schon sehr lange Guns´n´Roses, Tori Amos und die frühen Metallica und Iron Maiden Scheiben. Während der Entstehung von "Stones At Goliath" haben wir sehr viel Muse gehört was sich vielleicht ein bisschen in den Synthesizern und dem Bass-Sound spiegelt.

Mich persönlich haben Debussy und Chopin stark geprägt, denn für mich ist das eine Form von klassischer Musik in der sich Trunkenkeit, Lust und Weltschmerz spiegeln - was mich sehr fasziniert.

In der Rock Schiene bin ich schon sehr früh Queen und Pink Floyd verfallen, meiner Meinung nach die beiden kreativsten Bands die es bis jetzt gab. Die wichtigsten Platten in der metallischen Abteilung meines Plattenschranks sind definitiv von Type 0 Negative, Death und In Flames.

Hardy: Zu guter Letzt möchte ich dich noch nach deiner ganz persönlichen Moralphilosophie fragen. Ich habe inzwischen mitbekommen, dass du dich u.a. dem Tierschutz sehr verbunden fühlst. Gibt es eine Formel, in der du auf den Punkt bringen kannst, was du in dieser komplexen Welt für das Richtige hältst (Sozusagen dein kategorischer Imperativ)?

Daniel: Ich denke Tierschutz ist definitiv auch "Menschenschutz", denn wir werden auf unserer Erde niemals einen Zustand erreichen, in dem alle Menschen eine Chance bekommen glücklich zu sein, wenn wir gleichzeitig eine Parallelwelt unterstützen, die Milliarden von Tieren ihr ursprünglichstes Grundbedürfnis abspricht – nämlich zu Leben.

Interessanterweise ist gerade die Musik-Szene ein sehr gutes Beispiel dafür, dass ein kategorischer Imperativ im Kant´schen Sinne eine Art Ausweg aus vielen Ungerechtigkeiten bieten würde. Leider ist aber oft das Gegenteil der Fall: es scheint meist so als würde jeder gerne zu jedem Preis irgendwie überleben wollen. Ob das jetzt bedeutet dass man Vorbands einen "Buy-on" aufzwingt, in keinster Weise irgendwo anecken will (politisch, menschlich etc.), oder irgendwelche obskuren Werbeverträge mit Mailordern oder Getränkehersteller eingeht. Größere Konzerte und Festivals sind heute vor allem riesige Werbetafeln für Firmen.
"Ain't singin' for Pepsi Ain't singin' for Coke I don't sing for nobody Makes me look like a joke." - Neil Young.

Aber um deine Frage zu beantworten: Irgendwie sind wir alle in einer aufgeklärten Welt aufgewachsen und ich bin fest davon überzeugt, dass jeder eine Moralvorstellung hat. Wenn man sich die Zeit nimmt in sich hinein zu hören und sich mit der eigenen Moral auseinander zu setzen bringt das aber manchmal unangenehme Konsequenzen mit sich. Trotzdem bin ich am Ende des Tages der Meinung, dass es sich lohnt nach moralischen und humanistischen Sichtweisen zu entscheiden und nicht nur den Weg des geringsten Widerstandes oder größtmöglichen Gewinns zu wählen.
Um es mit Nick Lowe zu sagen: "What´s so funny about peace, love and understanding?"

Hardy: Vielen Dank nochmal für deine Zeit. Ich wünsche euch viel Erfolg mit dem neuen Album und hoffe, es gibt bald die Gelegenheit, euch auch wieder im süddeutschen Raum live erleben zu dürfen.

Daniel: Auf jeden Fall! Anfang Februar waren wir erst in Augsburg, aber wir planen bereits weitere Shows. Auf inlegend.de und facebook.com/inlegend halten wir euch auf dem Laufenden!